Das Produkt wurde zu Ihrem Warenkorb hinzugefügt.
Zum Warenkorb
Weiter einkaufen
Tickets auswählen

Eintritt Erwachsene
Jahreskarte




Zurück
Anzahl wählen


Ab 10 Einzelkarten empfehlen wir die ermäßigten Gruppenkarten, wenn Sie als Gruppe kommen!

Bitte Menge auswählen

Zum Warenkorb hinzufügen
Zurück
Jahreskarte Personalisieren

Jahreskarte
€ 17.00 / Stk.
Vorname*:
Nachname*:
Geburtsdatum*:

E-mail:



Bitte alle Pflichtfelder(*) ausfüllen!

Zum Warenkorb hinzufügen
Zurück
OK
Heute im hdgö

Inhalte werden geladen
Siegfried Braun sitzt in einem Rollstuhl, trägt einen Anzug mit Krawatte und eine Kappe.
Fotograf*in unbekannt, Tschechisches Nationalarchiv

1926–1938: Die „Erste österreichische Krüppelarbeitsgemeinschaft“

Gründung einer Selbsthilfebewegung

Für die Geschichte der Behindertenrechtsbewegung in Österreich ist die Geschichte der Ersten österreichischen Krüppelarbeitsgemeinschaft (KAG) sehr bedeutsam. Sie ist als Selbsthilfebewegung von körperlich behinderten Personen (damals „Krüppel“) durch ihre mediale Präsenz und durch die von ihr herausgegebene Zeitschrift Der Krüppel (1927-1938) bekannt geworden.

Der erste Obmann der KAG war Siegfried Braun. Er gründete die KAG 1926 als eine Interessensvertretung für nichtversicherte körperlich behinderte Menschen. Diese Interessensvertretung sollte aus eigener Kraft und durch Selbsthilfe die Not der „Krüppel“ lindern und dazu beitragen, das „Krüppelproblem“ zu lösen. Braun schrieb rückblickend über seine Motive für die Gründung, dass er mangels Unterstützung 1913 ins Pflegeheim Lainz ziehen musste: „Mich befiel Verzweiflung. Ich sagte mir: ‚Gut, ich geh' ins Siechenhaus, aber vorher schaffe ich eine Stelle, die anderen Krüppeln das jahrelange Suchen und dann Zuspätkommen für eine Hilfe nach Möglichkeit erspart.‘“ (Der Krüppel, 9/10 1934, 37-38)

Mit der Gründung einer Interessensvertretung war die Hoffnung verbunden, Einfluss auf die Gesetzgebung zu nehmen, um nach internationalen Vorbildern ein Bundesgesetz als Krüppelfürsorgegesetz zu erreichen. Bis auf einzelne Einrichtungen gab es zur damaligen Zeit in Österreich keine funktionierende bundesstaatliche „Krüppelfürsorge“. Die Finanzierung der „Krüppelfürsorge“ war Angelegenheit der Familie. Im Falle von Mittellosigkeit oblag sie der kommunalen Armenfürsorge oder streng klösterlich geführten kirchlichen Einrichtungen. Dies alles basierte auf dem Heimatrechts- und dem Einzelfallprüfungs-Prinzip (nach dem Heimatrechtsgesetz von 1863), das die Verantwortung des Bundes gering hielt.

Die Notlage von Menschen mit Behinderungen war damals aufgrund von Armut und Arbeitslosigkeit groß. Daher gründete die KAG in einer typischen Selbsthilfereaktion mehrere selbstorganisierte Werkstätten (in Wien und St. Pölten). So schaffte sie Arbeit und bewies demonstrativ die Arbeits- und Leistungsfähigkeit der „Krüppel“. Letztlich konnten 60 Arbeits- und Ausbildungs-Plätze in Werkstätten durch Spenden und den Verkauf von Produkten finanziert werden. Dies alles geschah im Wissen, dass die Führung von Werkstätten nur „ein Tropfen auf einem heißen Stein“ sein kann (Der Krüppel 1 1928, 1). Beratung, interne Fürsorge, Fortbildung, Kontaktpflege unter den Mitgliedern, Arbeitsvermittlung, die Führung von Werkstätten und der Versuch, gesetzliche Verbesserungen zu erreichen waren die zentralen Tätigkeiten der KAG (vgl. Der Krüppel, 3/4 1937, 10-20).

Mit der politischen Entwicklung in Österreich in der Zwischenkriegszeit, dem Scheitern der Ersten Republik, dem Verbot der Sozialdemokratie, Bürgerkrieg und der Errichtung der Dollfuß-Schuschnigg-Diktatur, reduzierte die KAG immer mehr ihre Ziele.

Nach dem sog. „Anschluss“ 1938 erfolgte ohne Widerstand die Eingliederung der KAG in den Reichsbund der Körperbehinderten als Teil der Nationalsozialistischen Volkswohlfahrt (NSV). Aus dem Kampf um Arbeit wurde eine Pflicht auf Leistung und Arbeit für die „Volksgemeinschaft“, verbunden mit einem eugenischen Sterilisations-, Selektions- und Mordprogramm zur Auslöschung von Menschen, die als „weniger leistungsfähig“ bezeichnet wurden.

Weiterführende Links

Der Krüppel. Gesamtausgabe (1927–1938).

Volker Schönwiese und Angela Wegscheider, “Don’t forget about self-help” the fight for disability rights in Austria in the 1920s and 1930s, in: Disability & Society, 38/6 (2021), 1009–1028.

Volker Schönwiese, Geschichte der Behindertenbewegung. Selbstbestimmt Leben Bewegung in Österreich, in: Gottfried Biewer und Michelle Proyer (Hg.), Behinderung und Gesellschaft. Ein universitärer Beitrag zum Gedenkjahr, Wien 2019, 72–84.

Stimme. Zeitschrift der Initiative Minderheiten, Spezialausgabe: Selbstbestimmt Leben. 100 Jahre Behindertenbewegung,  Nr. 115 (2020).

Jahr
1926
Autor*innen