1933: Veröffentlichung der Studie „Die Arbeitslosen von Marienthal“
Ein Meilenstein für die Entwicklung der Soziologie
„Was wissen wir über Arbeitslosigkeit?“ Der einleitende Satz der 1933 publizierten Studie über die psychologische Situation eines arbeitslosen Ortes, weist auf den Pioniercharakter dieses Forschungsvorhabens hin. Von November 1931 bis Mai 1932 untersuchte ein aus 17 Personen (darunter neun Forscherinnen) bestehendes Projektteam der Österreichischen Wirtschaftspsychologischen Forschungsstelle die Arbeiter*innenkolonie Marienthal in Gramatneusiedl, deren Leitbetrieb, die Textilfabrik, 1930 aufgrund der Weltwirtschaftskrise geschlossen worden war.
Das Ergebnis dokumentierte die tiefgreifenden sozialpsychologischen Auswirkungen der Arbeitslosigkeit. Das Bild der „müden Gemeinschaft“, von Resignation geprägt, stand im Widerspruch sowohl zum Bild der Linken vom revolutionären Potenzial der Arbeitslosen als auch zur marktwirtschaftlichen Erwartung der Aktivierung durch Abbau sozialer Unterstützung. Ein Großteil der Beteiligten, darunter Jahoda und Zeisel, mussten im Austrofaschismus oder nach dem „Anschluss“ emigrieren. Lazarsfeld ging 1935 aus beruflichen Gründen in die USA. Einer breiten Öffentlichkeit wurde die Studie durch Karin Brandauers Fernsehfilm „Einstweilen wird es Mittag“, der am 1. Mai 1988 Premiere im ORF hatte, bekannt.