1968: Prager Frühling
Das gewaltsame Ende eines „Sozialismus mit menschlichem Antlitz“
Im Jahr 1968 zeigten sichn in der staatssozialistischen Diktatur in der Tschechoslowakei demokratische Entwicklungen. Dahinter standen mehrere Antriebsfaktoren: Die schwächelnde Wirtschaft rief eine technokratische Opposition hervor, der Gegensatz zwischen Tschech*innen und Slowak*innen zeitigte nationalistische Spannungen und viele Kulturschaffende orientierten sich am Westen. Diese Entwicklungen führten dazu, dass zu Jahresbeginn 1968 der Stalinist Antonín Novotný als erster Sekretär der KPČ (Komunistická strana Československa/ Kommunistische Partei der Tschechoslowakei) vom liberaleren Alexander Dubček abgelöst wurde.
Nach dem Wechsel in der Führung begannen sofort Reformen, in der Wirtschaft, im kulturellen Leben, bei den Medien und auch in der kommunistischen Partei (KP) selbst. Ein „Sozialismus mit menschlichem Antlitz“ war das Ziel. Die KP war sogar bereit, den politischen Alleinvertretungsanspruch aufzugeben. Die Universitäten, die Kunst und die Literatur blühten auf. Die Reaktion der Sowjetunion ließ nicht lange auf sich warten. Am 21. August 1968 rollten Panzer zum Reformparteitag, eine halbe Millionen Soldaten aus den Warschauer Pakt-Staaten verhinderten mit Gewalt jede Veränderung in der Tschechoslowakei. Der Prager Frühling war zu Ende. Tausende Menschen traten die Flucht in den Westen an. Im Land selbst begann eine Eiszeit, die bis zur „Samtenen Revolution“, dem Ende der Diktatur im Jahr 1989, andauerten.