1938: Beginn von Flucht und Vertreibung
Exil, Entrechtung und Widerstand
Von den 1938 über 200.000 in Österreich lebenden Menschen, die aufgrund der „Nürnberger Gesetze“ als Jüdinnen und Juden galten, fielen mehr als 66.000 der Shoah zum Opfer. Nach der Machtübernahme der Nationalsozialist*innen mussten bis 1942 über 130.000 Menschen das annektierte Österreich aus politischen und/oder rassistischen Gründen verlassen – 100.000 alleine zwischen März 1938 und Mai 1939. Die große Mehrheit unter ihnen waren Jüdinnen und Juden. Mehr als 30.000 jüdische Österreicher*innen sind in die USA und ca. 30.000 nach Großbritannien geflüchtet, das sind ca. 46% alleine in diese beiden Länder. Frankreich, Belgien, die Schweiz oder Tschechien waren oft das Erstfluchtland, von wo aus die weitere Auswanderung erfolgte.
Exil bedeutete Ausbürgerung, Entrechtung, Heimatlosigkeit. In den Zufluchtsländern litten die Emigrant*innen unter dem beschränkten Fremdenrecht, wurden interniert oder mussten sich verstecken. Sie traten in den Fluchtländern auf verschiedene Weise der NS-Diktatur entgegen, gingen in den Widerstand und kämpften mit Partisan*innen. So organisierten sie die Herstellung und den Transport von Flugblättern, die in Deutschland verteilt wurden, oder leisteten in ihren Exilländern Aufklärungsarbeit über das nationalsozialistische Deutschland. Nur ein geringer Prozentsatz kehrte nach 1945 wieder nach Österreich zurück. Auch in der Zweiten Republik war die Stimmung gegenüber vertriebenen Jüdinnen und Juden nicht freundlich. Offizielle Maßnahmen, um Österreicher*innen aus dem Exil wieder zurückzuholen, beschränkten sich auf einzelne Künstler*innen.