1959: Weltjugendfestspiele
Wien als Schauplatz des Kalten Kriegs
Im Sommer 1959 fanden in Wien die „VII. Weltfestspiele der Jugend und Studenten für Frieden und Freundschaft“ statt und entfachten eine Propagandaschlacht zwischen kommunistischen und anti-kommunistischen Kräften in Österreich, der Bundesrepublik Deutschland und darüber hinaus. Die unmittelbar nach dem Zweiten Weltkrieg durch den Weltbund der demokratischen Jugend ins Leben gerufenen Weltjugendfestspiele hatten seit 1947 zunächst alle zwei Jahre in den Hauptstädten staatssozialistischer Länder stattgefunden. Im Wiener Praterstadion, auf dem Messegelände und an vielen anderen Orten der Stadt trafen sich die etwa 18.000 jungen Menschen aus allen Erdteilen erstmals in einem kapitalistischen Land zu Veranstaltungen, die den politischen und kulturellen Austausch fördern sollten, sowie zu sportlichen Wettkämpfen.
Vor dem Hintergrund der Unabhängigkeitsbewegungen im globalen Süden und des algerischen Befreiungskriegs war die erstmalige Ausrichtung der Festspiele in einem neutralen Land insbesondere für viele asiatische und afrikanische Teilnehmer*innen von großer Bedeutung. So organisierte etwa die Vereinigung afrikanischer Studierender in Frankreich unter Leitung des Senegalesen Amady Aly Dieng mehrere Vorträge und Diskussionen zur Rolle der Jugend im antikolonialen Kampf. Während diese Seite von berühmten Gästen wie Paul Robeson künstlerisch unterstützt wurde, sang Ella Fitzgerald in der Stadthalle auf Einladung einer breiten Phalanx von Kritiker*innen des Festivals. Diese reichte von der Hochschülerschaft über Medien und Parteien bis zur katholischen Kirche und wurde durch einflussreiche Persönlichkeiten wie Hans Dichand, Fritz Molden, Gerd Bacher und Bruno Kreisky vorbereitet. Neben zahlreichen Gegenveranstaltungen organisierte sie auch einen Boykott der Berichterstattung über die Festspiele durch die Wiener Presse. Die deutsche Wochenzeitung Die Zeit sah darin „kein sehr wirkungsvolles Beispiel westlicher Pressefreiheit“ in jenem Wiener Sommer 1959, den sie als „Musterfall für die große Auseinandersetzung zwischen Ost und West“ beschrieb.