„1968“ als Chiffre für den gesellschaftlichen Wandel, für das Aufbegehren der Jugend gegen die Werte und Normen der Elterngeneration, verlief in Österreich anders als in den meisten anderen Ländern. Einerseits hatte die Kunst schon viel früher gegen Verdrängung und Verklemmung zu protestieren begonnen – etwa Günter Brus oder Hermann Nitsch als Vertreter des Wiener Aktionismus – und sie hatte damit Weltgeltung erlangt. Anderseits war die Studierendenbewegung im engeren Sinn weitgehend eine Imitationsbewegung. Deutschland war in der Auseinandersetzung mit dem Nationalsozialismus in Theorie und Praxis weit voraus, Frankreich lebte den Aktionismus vor und die angelsächsische Welt veränderte mit den Beatles oder Bob Dylan die musikalischen Hörgewohnheiten. Für die österreichischen Studierenden war Vietnam nur ein Code, die Bürgerrechtsbewegung in den USA ein fernes Symbol. Nur die Solidarität mit den Studierenden aus Persien oder Griechenland hatte hier reale Anknüpfungspunkte. Dazu lief die Auseinandersetzung mit Österreich im Nationalsozialismus an, betrieben vor allem durch das Dokumentationsarchiv des österreichischen Widerstandes. Und seit Borodajkewycz begannen die universitären Strukturen aufzubrechen.
Jahr
1968