1939: Das neue Landhaus und der Landhausplatz in Innsbruck
Architektonischer Machtanspruch der Nationalsozialist*innen
Das heutige Innsbrucker Landhaus wurde für die nationalsozialistische Verwaltung erbaut. Nach der Zusammenlegung der Bundesländer Tirol und Vorarlberg zum Gau Tirol-Vorarlberg (exkl. Osttirol) waren die bisherigen Verwaltungsräume im (alten) Landhaus zu klein geworden. An der Stelle niedriger Häuser mit verwinkelten Gassen sollte ein neu gestalteter Platz namens „Gauforum“ entstehen – der Inbegriff der „gesunden traditionellen Elemente des bodenständigen Volkes im Bauwerk“. Nicht nur das Ergebnis, sondern schon das Vorgehen sollte die Macht der Partei zur Schau stellen. Die Bewohner*innen der alten Häuser der Stadtmitte mussten dem „Gauforum“ weichen. Dort war geplant, die zentralen Parteistellen der NSDAP und Verwaltungsinstitutionen unterzubringen. Eine seiner beiden Achsen war die Verbindung zwischen „Gauhaus“ und dem südlich gegenüber geplanten „Haus der Bergsteiger“. Westlich davon sollten zentrale Verwaltungsstellen angesiedelt werden. Nur das „Gauhaus“ selbst konnte fertiggestellt werden, die verschiedenen anderen Pläne zum Ausbau Innsbrucks wurden bis zur Befreiung 1945 nicht mehr verwirklicht. Heute dient das ehemalige „Gauhaus“ als Sitz der Landesregierung und nachgeordneter Stellen.
Um den architektonischen Machtanspruch der Nationalsozialist*innen nicht unwidersprochen in der Stadtmitte stehen zu lassen und um die Tiroler Bevölkerung zu gewinnen, baute 1946 bis 1948 die französische Militärverwaltung von Tirol und Vorarlberg ein Befreiungsdenkmal am Platz vor dem nunmehrigen Landhaus. Auf den Seiten des Denkmals sind die Namen von getöteten Mitgliedern des einheimischen Widerstands angebracht. Das Denkmal selbst bezieht sich unmittelbar auf das ehemalige „Gauhaus“. Durch seine Größe und seine markanten Bauart bricht es die NS-Architektur und ihre Absicht, den Platz zu beherrschen.
Der Landhausplatz („Eduard-Wallnöfer-Platz“) entwickelte sich ab 2000 zu einem zentralen Ort der Tiroler Erinnerungslandschaft mit zahlreichen Denkmälern, darunter mehrere mit Bezug zum Nationalsozialismus. Im Zuge der Neugestaltung des Platzes wurde 2011 das „Befreiungsdenkmal“ zugänglicher gemacht und die Namen von weiteren Widerstandskämpfer*innen ergänzt.