1848: Reichstag von Kremsier/Kroměříž
Entwurf einer Verfassung
Im Juli 1848 trat der auf der Basis der Geheimen und Gleichen Wahlrechts für Männer gewählte Reichstag in Wien zusammen, der angesichts der zunehmenden politischen Unruhen, vor denen der Kaiser und seine Regierung nach Olmütz/Olomouc geflüchtet waren, nach Kremsier/Kroměříž und damit in die Nähe des Hofes übersiedelte.
Der Verfassungsausschuss dieses Reichstages erarbeitete einerseits einen Grundrechtskatalog und beriet in einem zweiten Ausschuss über die Grundstruktur der künftigen Verfassung, die auf eine konstitutionelle Monarchie abgestimmt war. Volkssouveränität und die Legitimität des Herrschers sollten miteinander verknüpft werden. Der Kaiser, dem kein absolutes Vetorecht mehr zugebilligt wurde, wurde im Entwurf der Verfassung unterworfen. Als moderne Verfassung strebte man also eine klassische Gewaltenteilung an. Im Gegensatz zur Pillersdorfschen Verfassung stärkte man den Föderalismus innerhalb des Kaisertums, dessen Reichsrat in eine Volks- und eine Länderkammer geteilt werden sollte.
Der Grundrechtskatalog sollte die Grund- und Freiheitsrechte der Staatsbürger*innen in einem sehr umfassenden Maß regeln. Erstmals wurde allen Volksgruppen der Monarchie Gleichberechtigung zugesichert. Das ist eine jener Bestimmungen, die auch in den folgenden Verfassungen festgeschrieben wurde. Auch wenn die Verfassung des Reichstags von Kremsier innerhalb weniger Tage wieder außer Kraft gesetzt worden war, setzte sie also Impulse, die bis heute nachwirken. Lesen Sie hier Auszüge aus dem Text im Original nach.