1929: Kriminalisierung von Drogenkonsum
„Übrigens schnupft jetzt halb Wien Kokain“
Am 1. Jänner 1929 trat in Österreich das „Giftgesetz“ (BGBl. 297/1928) in Kraft. Damit änderte sich die Verfolgung von Rauschgiftdelikten grundlegend. Drogensucht war bis dahin in der Medizin eng mit der Suche nach Substanzen verbunden gewesen, die Schmerzfreiheit versprachen. Ein leichtfertiger Umgang mit Morphium und der Umstand, dass die Spritze aus der Hand gegeben wurde, schuf eine ganze Reihe früher Morphinsüchtiger, unter ihnen der Arzt Ernst Fleischl von Marxow, den Sigmund Freud vergeblich durch Kokain zu heilen versuchte. Unter den frühen Süchtigen sind weiters der Psychiater Otto Gross, der Lyriker Georg Trakl, der Grafiker Klemens Brosch, die Schauspielerin Maria Orska und die Soubrette Mimi Kött zu nennen.
Im Ersten Weltkrieg wurde verletzten oder traumatisierten Soldaten häufig Morphium verschrieben – die Zahl der Süchtigen stieg daher sprunghaft an. Der Drogenentzug wurde in Sanatorien in Wien, im Wiener Wald (Purkersdorf, Rekawinkel) und Graz, aber auch in den meisten „Irrenanstalten“ (Wien, Tulln, Linz) vorgenommen. Mit dem „Anschluss“, 1938, lässt sich eine Verschärfung im Umgang mit Süchtigen (Zwangsentzug, Einweisung als „Asoziale“ in ein Arbeitslager/KZ) erkennen, wenngleich der Einsatz von Drogen und die Verfolgung von Süchtigen während der NS-Zeit ambivalent war. 1944 hoben die NS-Behörden einen Drogenring von Zivilarbeitern in der Zellwolle A.G. Lenzing im Lager Arnbruck aus.
Das Zitat „Übrigens schnupft jetzt halb Wien Kokain“ stammt aus folgendem Roman: