1926: Frauen werden Taxifahrerinnen
Aufhebung eines Berufsverbots
Am 12. Oktober 1926 erregte ein Erkenntnis des österreichischen Verfassungsgerichtshofs öffentliches Interesse. Die Wienerin Felizia Fischer wagte den Schritt zum Höchstgericht, um für sich und die Frauen Österreichs das Recht auf Gleichberechtigung einzuklagen. Fischer hatte am 1. September 1925 die Prüfung zur selbständigen Führung von Kraftwagen erfolgreich abgelegt und suchte nun um Zulassung zum „Platzwagenlenkerdienst“ an: sie wollte Taxifahrerin werden. Diese wurde ihr in allen Instanzen verweigert, da eine Verordnung noch aus dem Jahr 1913 festlegte, dass nur „Personen des männlichen Geschlechts“ „Platzwagen“ lenken dürfen. Felizias Fischer legte daraufhin Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof ein mit einem Hinweis auf den Gleichheitsgrundsatz in der Verfassung. Die Höchstrichter gaben Felizias Fischer Recht. In ihrem Erkenntnis kamen sie zu dem Schluss, dass eine Ungleichbehandlung nur dann gleichheitskonform war, wenn diese durch die „Unterschiede in der Natur des Geschlechts“ zu rechtfertigen wäre.
Trotz dieses Erkenntnisses konnte die junge Frau bei keinem Taxiunternehmen Wiens eine Anstellung finden. Felizitas Fischer kaufte sich daher ein eigenes Auto. Am 21. Mai 1927 war ihr erster Arbeitstag am Standplatz Babenbergerplatz. Die erste Strecke der ersten Taxifahrerin Österreichs wurde von entsprechendem Medienrummel begleitet. Das sogenannte Platzwagen-Erkenntnis des VfGH war das erste Erkenntnis in Bezug auf die Gleichheit der Geschlechter in der Ersten Republik überhaupt.
Eine Einschränkung blieb dennoch bestehen: Taxifahrerinnen durften nicht in der Nacht fahren – ein Umstand, der erst dreißig Jahre später geändert wurde.