1939–1945: Zwangsarbeit in der Landwirtschaft
Einteilung von Arbeitskräften nach Rassenideologie
Die Landwirtschaft der „Ostmark“ beschäftigte während des Zweiten Weltkriegs massenhaft ausländische Staatsangehörige, deren Arbeitsverhältnisse unter Zwang abgeschlossen oder aufrechterhalten wurden. Unter dem Eindruck des „Blitzkrieges“ gegen Polen 1939 rückte die Reichsführung davon ab, den durch den Militärdienst verschärften Arbeitskräftemangel durch die Mobilisierung inländischer Reserven zu beheben; stattdessen beschloss sie – trotz Einwänden gegen eine „Rassenmischung“ – den Masseneinsatz ausländischer Arbeitskräfte aus den besetzten und abhängigen Gebieten, der über die Arbeitsämter abgewickelt wurde. Die bis zu 300.000 Zwangsarbeiter*innen in der Landwirtschaft auf dem Gebiet des heutigen Österreichs umfassten zu zwei Dritteln zivile Männer und Frauen, die überwiegend im ehemaligen Polen und in der besetzten Sowjetunion zwangsrekrutiert wurden; etwa ein Drittel bildeten Kriegsgefangene der gegnerischen Staaten; dazu kamen gegen Kriegsende einige Zehntausend „ungarische Juden“. In rechtlicher Hinsicht unterlagen die Zwangsarbeiter*innen, je nach Status in der nationalsozialistischen Rassen- und Nationenhierarchie, unterschiedlichen Diskriminierungen hinsichtlich Arbeits- und Freizeit, Lohn, Verpflegung, Unterkunft und Bestrafung: Oben rangierten die Angehörigen west- und südeuropäischer Staaten; darunter folgten mit erheblichem Abstand Menschen slawischer Volkszugehörigkeit; ganz unten waren jüdische Zwangsarbeiter*innen eingestuft. In der Alltagspraxis auf den Höfen klafften „gute“ und „schlechte“ Arbeits- und Lebensbedingungen weit auseinander: Zwangsarbeiter*innen, die überdurchschnittliche Arbeitsleistungen zeigten oder Bündnisse mit Angehörigen der Bauernfamilie knüpften, waren gegenüber inländischen Arbeitskräften kaum benachteiligt. Zwangsarbeiter*innen, die sich eine derartige Anerkennung nicht verschaffen konnten, unterlagen meist alltäglicher Ausbeutung und Gewalt. Die verbreitete Meinung, Zwangsarbeit in der Landwirtschaft sei im Vergleich zu anderen Wirtschaftszweigen ein „leichteres Los“ gewesen, trifft insgesamt nicht zu.