1948: Frauen setzen gleiche Zigarettenversorgung durch
Geschlechterdiskriminierung und schwierige Versorgungslage
Aufgrund der prekären Versorgungslage nach dem Zweiten Weltkrieg bekam die Bevölkerung in Österreich Nahrungs- und Genussmittel, aber auch Heizmaterial über Bezugskarten, beispielsweise Lebensmittelkarten. Dies galt auch für die Zuteilung von Zigaretten, die in den westlichen Bundesländern bereits seit 1945 ausgegeben wurden, in Wien allerdings erst im Jänner 1946. Männer zwischen 18 und 65 Jahren erhielten eine „M(änner)-Raucherkarte“ und somit pro Monat 40 Stück, Frauen von 25 bis 55 Jahren eine „F(rauen)-Raucherkarte“, womit ihnen pro Monat 20 Stück Zigaretten zugestanden wurden. Damit hatte man die Geschlechterdiskriminierung, die bereits im Nationalsozialismus vorherrschte, übernommen und verschärft: Ab März 1942 hatte man Frauen ab dem 55. Lebensjahr nur dann Zigarettenmarken zugeteilt, wenn sie nachweisen konnten, dass sie Raucherinnen waren bzw. ein unverheirateter Sohn oder der Ehegatte in der Deutschen Wehrmacht diente.
In der demokratischen Republik legten nun zwei Wienerinnen im Jahr 1947 beim Verfassungsgerichtshof Beschwerde gegen diese ungerechte Zuteilung ein: Frieda Schöberl, da sie als Frau, die über 55 Jahre alt war, keine „Raucherkarte“ erhalten hatte, Hildegard Suscher, weil sie nur eine „F-Raucherkarte“ und daher nur eine halbe Ration erhalten hatte. Gemeinsam beanspruchten beide jeweils eine „M-Raucherkarte“. Die Verfassungsrichter unter dem Präsidium von Univ.-Prof. Dr. Ludwig Adamovich sen. erteilten der Beschwerde eine Abfuhr. Sie begründeten dies damit, weil der Bedarf an Rauchwaren bei Männern größer sei als bei Frauen. Deshalb werde dem männlichen Geschlecht ein Vorrecht eingeräumt („Zigaretten-Erkenntnis“).
Bereits seit Februar 1946 war diese Ungleichheit in der Zuteilung von Zigarettenkarten aber auch ein Thema im Parlament. Die tonangebenden Redner*innen zeigten Problembewusstsein, beschwichtigten aber dahingehend, dass man, sobald mehr Tabak importiert werden könne, diese Ungleichheit aufheben werde. Die Sicherstellung der Tabakrationen durch Importe aus dem Ausland erfolgte schließlich im Jahr 1948. Tatsächlich erhielten ab dem 29. März 1948 Frauen die gleiche Tabakration wie Männer. Während Frauen also überdurchschnittlich stark unter der Versorgungsunsicherheit zu leiden hatten, wurde die Ungleichheit schließlich doch aufgehoben.