1951: Politische Vernetzungen des ehemaligen Gauleiters Tobias Portschy
Wie ein NS-Funktionär weiterhin Einfluss ausübte
Tobias Portschy (1905–1996) war während der nationalsozialistischen Herrschaft Gauleiter des Burgenlandes und nach dessen Auflösung stellvertretender Gauleiter der Steiermark gewesen. Er gilt als Schlüsselfigur in Bezug auf die Entrechtung, Verfolgung und Vertreibung der burgenländischen jüdischen und Romani Bevölkerung. Im Zuge eines Volksgerichtsverfahrens wurde er 1949 als Kriegsverbrecher zu 15 Jahren Haft verurteilt. 1951 wurde er bedingt begnadigt und aus der Haft entlassen.
Portschy blieb auch nach seiner NS-Karriere politisch gut vernetzt. Das Hotel Rose in Rechnitz, das seiner Ehefrau gehörte, spielte dabei eine wichtige Rolle. Dort empfing er seine Gäste – unter anderem „Altnazis“, Neonazis, kirchliche Würdenträger und Politiker. Portschy, seit 1959 Mitglied der FPÖ, wurde von Politikern unterschiedlicher Parteien hofiert. Unter ihnen fanden sich zum Beispiel der burgenländische Landeshauptmann Lorenz Karall (ÖVP; hatte 1938 den „Anschluss“ an NS-Deutschland befürwortet); der bgld. Landeshauptmann Theodor Kery (SPÖ; ehemaliges SA- und NSDAP-Mitglied); der steirische Landeshauptmann-Stellvertreter Franz Wegart (ÖVP) oder der Nationalratsabgeordnete Otto Scrinzi (VdU/FPÖ; ehem. SA- und NSDAP-Mitglied). Den ehemaligen NS-Gauleiter besuchten aber auch Vizekanzler bzw. Bundespräsident Adolf Schärf (SPÖ) sowie Bundeskanzler Alfons Gorbach (ÖVP), welche beide in der NS-Herrschaft aus politischen Gründen verfolgt worden waren. Sie erhofften sich nun in der Nachkriegszeit, durch Portschys Fürsprache Wähler*innenstimmen aus dem Kreis der ehemaligen Nationalsozialist*innen zu erhalten. Manche von ihnen, wie beispielsweise Johann Karall (burgenländischer Landesrat, ÖVP) oder Franz Wegart (steirischer Landeshauptmann-Stellvertreter, ÖVP), hatten sich für ihn auch im Zuge seines Volksgerichtsverfahrens eingesetzt.
Weitere Infos auf anderen Seiten:
Mindler Ursula, „Portschy ist Burgenländer, ich bin Steirer“, 2006