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#nachgefragt bei Verena Pawlowsky

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Wir haben #nachgefragt bei Verena Pawlowsky, Historikerin:

 

Wie wurde das Parlamentsgebäude während der NS-Zeit genutzt?

Unter welchen Umständen wurden 2017 diese Bronze-Köpfe von Hitler gefunden?

Was weiß man über diese Bronze-Köpfe?

Wie kommt es, dass noch bis 2017 NS-Objekte im Parlamentsgebäude gelagert waren?

Welche Verantwortung ergibt sich aus der NS-Vergangenheit des Parlamentsgebäudes?

 

Im Rahmen der Reihe #nachgefragt sprach Verena Pawlowsky am 9. Juni 2022 von der nationalsozialistischen Vergangenheit des Parlamentsgebäudes. Im Zuge der Renovierung des österreichischen Parlaments wurden 2017 in dessen Müllraum unter anderem Hitler-Köpfe aus Bronze und Gemälde mit NS-Bezug gefunden. Die Fundstücke stammen wohl aus dem Bestand des nationalsozialistischen Gaupressearchivs, das sich ab 1938 im Parlamentsgebäude befand. In diesem Video erläutert Verena Pawlowsky was der Fund dieser Objekte für diesen zentralen Ort der Demokratie bedeutet. Das Gespräch fand in der Ausstellung „Hitler Entsorgen. Vom Keller ins Museum“ statt, wo die beiden Bronze-Köpfe noch bis Oktober 2022 zu sehen sind. 

 

 

Verena Pawlowsky ist Historikerin in Wien und Obfrau des forschungsbüro. Verein für wissenschaftliche und kulturelle Dienstleistungen. Verena Pawlowsky hat die Geschichte des Parlamentsgebäudes zwischen 1933 und 1956 gemeinsam mit Ina Markova und Bertrand Perz erforscht. Darüber hinaus forscht, publiziert und lehrt sie zu den Themen Austrofaschismus, Nationalsozialismus, Erster Weltkrieg, Arisierung/Restitution und Fürsorge. 

Die Veranstaltung in Bildern (6)
Interview Transkript

Mein Name ist Verena Pawlowsky. Ich bin Historikerin in Wien, freiberuflich, und hab sehr viel über Institutionen im Nationalsozialismus gearbeitet und zuletzt eine große Studie mit zwei Kollegen gemacht über das Parlamentsgebäude und wie das genutzt wurde in der NS-Zeit.

 

Wie wurde das Parlamentsgebäude während der NS-Zeit genutzt?

Ja, das Parlamentsgebäude ist vielfach genutzt worden. In den ersten Tagen nach dem „Anschluss“ hat es Josef Bürckel in Besitz genommen und hat dort zuerst die Volksabstimmung vorbereitet. Danach – er war dann Reichskommissar für die Wiedervereinigung Österreichs mit dem Deutschen Reich – hat er seinen Sitz in dieser Funktion dort gehabt. Und als er dann Wien verlassen hat, und sein Nachfolger auch als Gauleiter, Baldur von Schirach, gekommen ist, hat der im Sommer 1940 das Haus umgehend zum „Gauhaus“ erklärt, also zum Sitz der Wiener NSDAP. 

 

Unter welchen Umständen wurden 2017 diese Bronze-Köpfe von Hitler gefunden?

Diese beiden Bronze-Köpfe, die Adolf Hitler darstellen, sind nicht im Zusammenhang mit der Studie aufgetaucht. Sondern zeitgleich war ja auch der Umbau des Parlamentsgebäudes und das musste ausgeräumt werden. Das heißt, diese Köpfe sind – so wurde mir das erzählt – von den Haustechnikern gefunden worden. Und da gibt es konkret einen, der auch historisch sehr interessiert ist. Und er hat mir diese Köpfe gezeigt. Ich kann überhaupt nicht sagen, ob ich die Erste bin von außen, die die gesehen hat oder wer das war. Jedenfalls waren diese Köpfe, wie ich sie gesehen hab, in einem Müllraum untergebracht. Zwar in einem Panzerschrank, sie waren allerdings schon in neue Müllsäcke gepackt. Es war nicht so, dass dieser Panzerschrank geöffnet wurde und man hat hier noch das alte Material gesehen. Das waren Müllsäcke der Gegenwart, die wahrscheinlich diese Köpfe und das andere Material, das dort enthalten war in dem Schrank, verbergen sollte.

 

Was weiß man über diese Bronze-Köpfe?

Diese Köpfe waren höchstwahrscheinlich nicht aufgestellt, aber es ist vieles zu dem, was man zu diesen Köpfen sagen kann, eigentlich Spekulation, weil es gibt keine Akten dazu. Aber aus dem Kontextwissen weiß man, dass im Parlamentsgebäude das „Gaupresse“-Archiv untergebracht war. Und diese Stelle war beauftragt, Material zu sammeln aus der Bewegungszeit der NSDAP, also aus der Zeit, in der die NSDAP in Österreich illegal war. Und die anderen Objekte, die mit diesen Köpfen gefunden wurden, sind alle mit einer Ausnahme vor dem Anschluss entstanden. Im Vergleich zu den übrigen Funden ist es mit diesen Bronze-Köpfen leider so, dass man sie nicht datieren kann. Das ist aber vielleicht auch nicht so entscheidend, weil es ist ganz offensichtlich ein serielles Produkt. Das heißt, es kann über viele Jahre immer wieder angefertigt worden sein. Der Künstler, der diese Köpfe gemacht hat, ist Hermann Joachim Pagels, der dafür bekannt war, dass er Hitler-Köpfe und -Büsten hergestellt hat. Er ist ein Berliner Bildhauer, der durchaus renommiert war und auch andere Statuen auf bestimmten Plätzen geschaffen hat, auch völlig unpolitische. 

 

Wie kommt es, dass noch bis 2017 NS-Objekte im Parlamentsgebäude gelagert waren?

Ja das ist oft eine Frage, warum es so lange gedauert hat bis man das gefunden hat oder bis man sich mit den Nationalsozialismus und dem Parlament auseinandergesetzt hat. Aber ich würde aufpassen, weil in der Frage klingt durchaus ein Vorwurf mit. Ich glaube, wenn man sich das Parlamentsgebäude und die Bedeutung des Parlamentarismus anschaut, dann versteht man, dass man bei einem Blick auf dieses Haus die Zeit anschaut, in der der Parlamentarismus in Österreich funktioniert hat. Das Interesse bei diesem Gebäude galt immer parlamentarischen Vorgängen und Strukturen einerseits, oder dem Haus, dem Prunkbau von Theophil Hansen. Also Architekturgeschichte hat sich auch immer viel mit dem Haus beschäftigt. Was die Auffindung betrifft, wenn man sich das historisch anschaut, das sind nicht die ersten Funde, die man in dem Haus gemacht hat. Es sind wahrscheinlich die letzten. Aber es gab unmittelbar nach dem Krieg viele Sachen. Es gab die „Gauakten“, die dort gefunden wurden. Es gibt in den 1970er und in den 2000er Jahren die Aufnahme von Dokumenten, von Plakaten in Einrichtungen, die dafür auch geeignet sind, also Archive und Bibliotheken. Und das sind sozusagen die ersten – mit den Gemälden, die mit diesen Köpfen gefunden wurden – das sind die ersten künstlerischen oder wirklich dreidimensionalen Objekte, die gefunden wurden. Und es sind eben die letzten Funde. Ich denke, jetzt wo das Haus saniert ist und völlig ausgeräumt wurde, wird da nichts weiteres mehr auftauchen.

 

Welche Verantwortung ergibt sich aus der NS-Vergangenheit des Parlamentsgebäudes?

Die Frage nach der Verantwortung, die sich aus den Köpfen oder aus der Geschichte des Gebäudes in der NS-Zeit ergibt, ist schwierig zu beantworten, weil es nicht dieselbe Institution war. Es ist sicher anders zu beantworten, als wenn man nach der Verantwortung einer Firma, die durchgehend in Betrieb war, fragt. Ich denke, beim Parlamentsgebäude geht es darum, diese Geschichte zu kennen. Die Tatsache, dass diese Köpfe dort gefunden wurden, gibt die Möglichkeit, darüber zu sprechen. Und insofern sind sie mit diesem Kontext Objekte, die man gut ausstellen kann und an denen man etwas erzählen oder erklären kann.

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