1981: Solidarność
Kriegsrecht in Polen und die österreichische Außenpolitik
In Polen setzten seit Mitte der 1970er Jahre Proteste aufgrund erhöhter Preise für immer schlechtere Lebensmittel ein. Führend war der Elektriker Lech Wałęsa in einem Streikkomitee auf der Danziger Lenin-Werft. Im „Komitee zur Verteidigung der Arbeiter“ (KOR) waren auch regimekritische Intellektuelle wie Bronisław Geremek, Jacek Kuroń, Adam Michnik und Tadeusz Mazowiecki vertreten. Bedeutsam war die Unterstützung durch den früheren Erzbischof von Krakau, Karol Wojtyła der seit 1978 als Johannes Paul II Papst war. Das österreichische Kulturinstitut in Warschau war offen für Dissident*innen.
Als eine der ersten Forderungen erlaubte die Diktatur die Zulassung unabhängiger Gewerkschaften in einem Abkommen 1980. Die „Unabhängige Selbstverwaltete Gewerkschaft Solidarität“ unter Wałęsa konnte daraufhin rund 9,5 Mio Mitglieder gewinnen. Am 13. Dezember 1981 verhängte General Wojciech Jaruzelski das Kriegsrecht, um die überhandnehmende Solidarność zu verbieten. Er rechtfertigte später sein Vorgehen mit der Irreführung einer bevorstehenden sowjetischen Militärintervention. Der österreichische Bundeskanzler Kreisky reagierte sehr vorsichtig, lehnte einen Wirtschaftsboykott gegen Polen ab, forderte aber die Freilassung von Inhaftierten. Um 1981/82 flüchteten weit über 100.000 Pol*innnen nach Österreich. Die Registrierung fand im Flüchtlingslager Traiskirchen statt. Teile der Öffentlichkeit verlangten eine restriktivere Asylpolitik, obwohl Österreich mehr als Transitland diente. Viele Pol*innen stellten Asylanträge in den USA und Kanada.