Sammeln in Zeiten des Ausnahmezustands
Wie die Sammlung des Hauses der Geschichte in der und durch die Corona-Krise wächst
Das Haus der Geschichte Österreich versteht es als seinen Auftrag, in der Gegenwart zu sammeln, um Geschichte für die Zukunft verfügbar zu machen – sowohl, um Objekte in Ausstellungen mit einer breiten Öffentlichkeit diskutieren zu können als auch, um sie für die wissenschaftliche Forschung und Geschichtsvermittlung der Zukunft zu erhalten. Dazu sammeln wir grundsätzlich Gegenstände, Fotografien, Dokumente, Bücher, aber auch digitales Material.
Durch die Corona-Krise ist das Bewusstsein für museales Sammeln offenbar gestiegen: Museen, die gesellschaftliche, politische und kulturelle Fragen stellen, müssen aktuelle Entwicklungen schon in der Gegenwart dokumentieren. Weil eine Zeit wie die gegenwärtige vielen schon jetzt als „historisch“ erscheint, ist das noch verständlicher. Das hdgö sammelt auch in diesen Krisen gemäß seiner Sammlungsstrategie in unterschiedlichen Bereichen, darunter:
Politikgeschichte
(z.B. Objekte von den abgesagten Gemeinderatswahlen in Vorarlberg und der Steiermark)
Sozial- und Gesellschaftsgeschichte
(z.B. Aufrufe für Nachbarschaftsinitiativen und zu Solidarität)
Alltagsgeschichte
(z.B. aus Dirndlstoffen genähte Gesichtsmasken)
Sport- und Wirtschaftsgeschichte
(etwa Materialien von Betrieben, die auf die Krise reagieren)
Erinnerungskultur
(z.B. dokumentieren wir das plötzlich erwachte Interesse für die „Spanische Grippe“ von 1918/19)
Das hdgö sammelt mit einem internationalen Blick in ganz Österreich. Das Sammeln von digitalen Dokumenten ist grundsätzlich wichtig, bekommt aber aktuell besondere Relevanz – im hdgö betrifft das die Dokumentation von Social Media-Postings genauso wie Aufnahmen von privaten Mobiltelefonen, die dauerhaft in die Bundessammlungen übergeben und dort aufbewahrt werden – eben als Dateien.
Wie können Sie einschätzen, ob Ihre Objekte zuhause für die Sammlung des hdgö geeignet wären?
Wir freuen uns immer, über Ihre privaten Bestände zu erfahren und geben gerne Auskunft. Wenn uns Objekte angeboten werden, versuchen wir herauszufinden, ob unsere Sammlung der richtige Ort für Ihre kulturhistorischen Schätze oder Erinnerungsgegenstände ist. Bevor wir über eine Annahme oder Ablehnung einer Schenkung entscheiden, prüfen wir folgende Kriterien:
- Welche Geschichte erzählt dieses Objekt?
- Steht dieses Objekt für ein bestimmtes Ereignis, für eine Erfahrung oder einen einschneidenden Zeitabschnitt?
- Gibt es Materialien und Informationen rund um dieses Objekt?
- Ist das Objekt gut erhalten? Ist es vollständig?
- Woher kommt dieses Objekt? Was ist seine Provenienz?
- Verdichtet oder ergänzt das Objekt die bestehende Sammlung sinnvoll?
Wenn Sie private Bestände haben, die Sie dem Museum übergeben möchten, kontaktieren Sie uns gerne für ein Gespräch. Wenn Sie Fotos mitsenden, hilft uns das sehr!
Kontakt:
Geschichte (mit) schreiben!
Das hdgö bietet zusätzlich dazu mit seiner Webplattform ein weiteres Instrument für eine breite Öffentlichkeit an: Unser (digitales) Museum hat immer geöffnet. Unter dem Titel „Geschichte (mit) schreiben!“ laden wir die Öffentlichkeit ein, Web-Ausstellungen zu verändern und die eigene Perspektive zu erweitern. Unter der Adresse mitschreiben.hdgoe.at haben wir eine Übersicht über all diese Angebote eingerichtet. Alles, was dort hochgeladen wird und unseren Nutzungsvereinbarungen entspricht, wird unmittelbar veröffentlicht. Anders als beim digitalen Sammeln übernimmt das hdgö hier Objekte nicht, um sie für die Zukunft zu erhalten, sondern stellt Ausstellungsfläche zur Verfügung, um gemeinsam über Geschichte und Gegenwart zu diskutieren. Die Rechte an diesen Fotos müssen dazu nicht dauerhaft übertragen werden, sondern können auch wieder zurückgenommen werden. Die BeiträgerInnen bleiben die BesitzerInnen der Fotos, das hdgö stellt diese aus.