Die Ermordung des österreichischen Journalisten und Schriftstellers Hugo Bettauer (1872–1925) warf ein Schlaglicht auf die spannungsreiche öffentliche Stimmung der Ersten Republik. Bettauer hatte als Schriftsteller in den ersten Nachkriegsjahren Erfolge gefeiert und war durch seine konfrontativ-sozialkritische Haltung zum erklärten Feindbild (nicht nur) rechtsradikaler Kreise erklärt worden.
In seinem bekanntesten Roman Die Stadt ohne Juden trat der Autor offen gegen die antisemitischen Strömungen in Österreich auf und erregte damit erstmals größere öffentliche Erregung. Mit dem Erscheinen seiner beiden Zeitschriften Er und Sie (1924) und Bettauers Wochenschrift (1924–1927) nahmen die Anfeindungen immer stärker zu und erreichten hetzerische Ausmaße. Bettauer behandelte in seinen beiden Zeitschriften erotische und als „sittlich anstößig“ verunglimpfte Themen, was ihm auch eine Anklage wegen Störung der öffentlichen Ordnung und Kuppelei einbrachte. Seinem Freispruch folgten eine mediale Hetzkampagne und unverhohlene Aufrufe zu seiner Ermordung.
Am 10. März 1925 feuerte schließlich der Nationalsozialist Otto Rothstock fünf Schüsse auf Bettauer, der seinen Verletzungen am 26. März erlag. Der Täter wurde im Zuge eines einseitigen Gerichtsverfahrens für unzurechnungsfähig erklärt und bereits 1927 wieder aus der Psychiatrie entlassen. Hugo Bettauer wurde auch nach seinem Tod noch von den Nationalsozialisten als Prototyp des „jüdischen Sittenverderbers“ diffamiert.