Urlaub für alle
Urlaub hat eine Geschichte: Ein kurzer Überblick über die Entwicklung von der elitären Sommerfrische zum Massentourismus
Tourismus war lange Zeit nicht selbstverständlich, vor allem nicht für die große Masse der Bevölkerung: Als noch der größte Teil der Österreicher*innen in der Landwirtschaft oder Industrie arbeitete, gab es anfangs keinen gesetzlichen Urlaub. Es war eine der Errungenschaften der jungen Republik, als 1919 alle Parlamentsparteien beschlossen, dass allen Arbeiter*innen und Angestellten zwischen fünf Tagen und fünf Wochen Erholung pro Jahr zustand.
Das hieß aber nicht, dass man sich eine Reise leisten konnte. Urlaub war reserviert für eine kleine Oberschicht. Sie hatte seit der Mitte des 19. Jahrhunderts die österreichische Landschaft neu entdeckt unter dem Stichwort „Sommerfrische“: Alpentäler und Regionen rund um Seen erlebten einen Aufschwung als Sommersitze von Adeligen, Vermögenden und Künstler*innen. Die Auszeit am Land wurde zum Inbegriff für Erholung und Inspiration, Berge und Seen zum Sehnsuchtsort.
Seit dem ausgehenden 19. Jahrhundert bildeten sich in vielen Gemeinden und Ortschaften in ganz Österreich Fremdenverkehrs- bzw. „Verschönerungsvereine”, die sich um die Entwicklung touristischer Infrastruktur, den Aufbau von Ausflugszielen und die Vernetzung von Gewerbetreibenden bemühten. Die dadurch entstehenden Pensionen und „Fremdenzimmer” machten erstmals Urlaub für jene erschwinglich, die keine Häuser am Land besaßen bzw. sich keine Hotelzimmer leisten konnten.
Aus dieser elitären Praxis wurde erst in der Konsumgesellschaft der Nachkriegszeit und durch das „Wirtschaftswunder“ ein breites Phänomen. Ab den 1950er Jahren kam Urlaub besonders in Italien in Mode. Aber nicht nur wer sich diesen nicht leisten konnte, blieb in Österreich: Der neue Patriotismus suchte das typisch Österreichische in der schönen Landschaft, vermittelte Stolz auf diese Regionen und stellte es als staatsbürgerliche Pflicht dar, „daheim“ zu bleiben. Besonders die Wachau, das Salzkammergut, die Kärntner Seen und die Alpen als solches wurden zu attraktiven Zielen von Ausflügen und Aufenthalten. Und noch bevor massenhafter Städtetourismus begann, waren die Landeshauptstädte, besonders Salzburg und Wien, der Inbegriff der Vermittlung der „eigenen“ Kultur und Geschichte.
Den ungewöhnlichen Sommer 2020 begleitete das Haus der Geschichte Österreich mit einem Themenschwerpunkt „Urlaub in Österreich”. Nach wie vor laden wir Sie herzlich ein, neue Perspektiven in unserer überarbeiteten Ausstellung in der Neuen Burg am Wiener Heldenplatz zu entdecken, und zeigen Objekte zu diesem Thema auch online. In einer ständig wachsenden Web-Ausstellung fragen wir, wie Urlaub in Österreich aussieht und laden Sie dazu ein, Ihre eigenen Vorstellungen und Geschichten beizutragen: Schreiben Sie hier Geschichte (mit)!
Außerdem haben wir ein kleines Urlaubs-Kino eingerichtet, in dem Sie internationale Kino-Nachrichtenfilme über Österreich ansehen können. Diese Nachrichtenagenturen präsentierten das Land nach 1945 als Traumziel einer Reise.