Die Bauleiterin Helene Buchwieser. Kurzfristige Frauenpower 1945
Mit der Architektin Helene Koller-Buchwieser (1912–2008), damals Kitschelt-Buchwieser, übernahm in den ersten Monaten nach dem Dombrand 1945 eine Frau die verantwortungsvolle Leitung der Aufräumungsarbeiten auf der Großbaustelle. Sie fungierte in Stellvertretung von Dombaumeister Karl Holey, der aufgrund der Reisebeschränkungen zwischen den Zonen erst einige Monate später nach Wien zurückkehren konnte und in der Zwischenzeit die Wiederaufbauarbeiten am Salzburger Dom betreute. Die Architektin war die Tochter des auf Sakralbauten spezialisierten Bauunternehmers Bruno Buchwieser und kannte die für die Bauagenden des Doms Verantwortlichen seit vielen Jahren.
Noch im April 1945 wurde sie mit der Organisation der ersten Aufräum- und Sicherungsarbeiten beauftragt. Helene Buchwieser hatte 1932 bis 1937 bei Karl Holey an der Technischen Hochschule in Wien studiert und Praxis in der Baufirma ihres Vaters gesammelt. 1940 legte sie die Baumeisterprüfung ab und wurde stellvertretende Bauleiterin im Familienbetrieb. Zuvor leitete sie zwei Jahre das neue Baureferat des Kunsthistorischen Museums.
Nach der Rückkehr Karl Holeys nach Wien übernahm dieser im November 1945 die Gesamtleitung des Wiederaufbaus im Dom und Helene Kitschelt-Buchwieser dürfte eher unsanft ihrer Funktion enthoben worden sein. 1945 wurde ihr die Befugnis als Zivilingenieurin für Hochbau verliehen, 1946 ging sie mit einem der begehrten Stipendien der Nothilfe und Wiederaufbauverwaltung der Vereinten Nationen (UNRRA) auf eine sechsmonatige Architekturreise in die USA. Nach ihrer Rückkehr widmete sich die Architektin vorrangig dem Neu- und Wiederaufbau von Kirchen.
In einem Interview erzählt die Architektin über die Umstände, die zu ihrer Beauftragung für die Aufräumungsarbeiten geführt hatten. Ausschnitt aus der Radiosendung „Menschenbilder. Der Wiederaufbau. Helene Koller-Buchwieser“ aus dem Jahr 1995 (Min. 28:56–30:06).