4. März 1933: Krise des Parlaments
Heute vor 90 Jahren begann der Aufbau einer Diktatur in Österreich: Bei einer Sondersitzung des Nationalrats wurde der Umgang der Regierung unter Kanzler Engelbert Dollfuß mit einem Eisenbahner*innenstreik hitzig diskutiert. Im Laufe der turbulenten Sitzung traten alle drei Nationalratspräsidenten zurück: Das Parlament war nicht mehr beschlussfähig.
Bundespräsident Wilhelm Miklas hätte weitreichende Möglichkeiten gehabt, die verfahrene Situation aufzulösen: Er hätte die Regierung abberufen können, Neuwahlen ansetzen oder aber auch den Nationalrat reaktivieren können.
Auch die Abgeordneten hätten gemeinsam ein neues Präsidium wählen können. Die Regierungsparteien blockierten aber – sie hatten beschlossen, die Situation zu nutzen, um das Parlament auszuschalten.
Warum streikten die Eisenbahner*innen? Die Wirtschaftskrise der 1930er-Jahre belastete auch die Österreichischen Bundesbahnen. Als deren Generaldirektion nicht garantierte, die März-Gehälter vollständig auszuzahlen, reagierten die Arbeitnehmer*innen mit einem 2-stündigen Warnstreik. Die Regierung empfand den Streik als politische Provokation und erließ harte Strafmaßnahmen: Lohnkürzungen, Suspendierungen und kurzfristige Verhaftungen.