1923: Eine Frau an der Spitze einer Blasmusik
Ekaterina (Rina) Scherf wird Dirigentin in Ranten/ST
In österreichischen Blasmusikkapellen waren Frauen bis in die 2. Hälfte des 20. Jahrhunderts höchstens als Marketenderinnen anzutreffen. Deren Aufgabe war und ist die Repräsentation. Gleichzeitig stellen sie die Verbindung zum Publikum her, indem sie z. B. die marschierenden Männer begleiten und Schnaps ausschenken. Erst danach sind aktiv musizierende Frauen in den Musikvereinen zu finden. Umso außergewöhnlicher ist die Geschichte von Rina Scherf, die in der Zwischenkriegszeit in Ranten (Bezirk Murau, Steiermark) die Blasmusikkapelle dirigierte.
Rina Scherf übernahm 1923 diese Aufgabe, wobei in der Vereinschronik nicht nur vom „innständigen Bitten“ des Kapellmeisters berichtet wird, sondern auch, dass die „großzügige Zusage ihres Gatten“ den Weg freigemacht habe. Unter ihrer Leitung gelang es der Kapelle, „durch eifriges Proben“ 1924 den ersten Preis bei einem Wettbewerb zu erringen. Bis zur kriegsbedingten Auflösung 1939 dirigierte Rina Scherf diese Musikgruppe.
Ab 1950 war sie Chormeisterin des Arbeitergesangsvereins Murau, den sie bis zu ihrem 81. Lebensjahr leitete. Nach ihrem Rückzug 1977 löste sich der Verein auf.
Ekaterina Scherf, geb. Lambrinos, (18.10.1896–12.4.1983) kam in Graz zur Welt und absolvierte ihre Schulbildung in Maribor/Marburg, wo sie 1918 die Lehramtsprüfung ablegte. 1920 bekam sie eine Stelle in Ranten, wo sie 1923 Johann Scherf heiratete, der bis zu seinem Tod 1939 Volksschuldirektor in Ranten war. 1934 verdrängte sie das „Doppelverdienergesetz“ wie alle anderen verheirateten Frauen im öffentlichen Dienst aus dem Beruf. Danach unterrichtete Rina Scherf bis zur Pensionierung in Ranten. Ihren Ruhestand verbrachte sie in Murau, wohin sie 1954 zog. Erstmals öffentlich wurde ihre Geschichte durch die Ausstellung „WACHSEN LASSEN #die steiermarkFRAU im stabilen Pavillon“ 2021, kuratiert und gestaltet von der lokalen Initiative "Die murauerInnen".