1915: Der Rainermarsch wird populär
Habsburgischer Militärmarsch mit langer Wirkung
Obgleich Militärmärsche als fixer Bestandteil im Repertoire österreichischer Blasmusikkapellen den musikalischen Rahmen diverser Festlichkeiten bilden, sind die wenigsten von ihnen für das breite Publikum unterscheidbar. Eine Ausnahme bildet der von Hans Schmid 1915 geschaffene „Rainermarsch“, komponiert als Regimentsmarsch für das mit Ende des Ersten Weltkriegs aufgelöste k.u.k. Infanterieregiment „Erzherzog Rainer“ Nr. 59. Schnell gelangte er zu besonderer, bis heute ungebrochener Popularität.
Der Grund dafür liegt vor allem darin, dass dem Trio ein Gesangstext unterlegt ist, dessen bekannteste Strophe im Urtext lautet:
„Hoch Regiment der Rainer / Als tapfer alt bekannt;
wir schützen unsern Kaiser / Und unser heilig Land.
Wir siegen oder sterben / Für unser Vaterland,
die Feinde wir verderben; / Hoch Salzburg! Unser Land!“
Dieser Text soll Identität stiften und an Heimatgefühle appellieren, ruft aber auch offen zur Gewalt gegen die „Feinde“ und zur eigenen militärischen „Aufopferung“ auf. Er wurde immer wieder an die jeweiligen politischen Verhältnisse angepasst – nach dem Ende der Habsburgermonarchie ersetzte man den „Kaiser“ durch die „Heimat“ und das „heilig Land“ durch das „Vaterland“, während der NS-Herrschaft wurde daraus „deutsches Vaterland“.
Jahrzehntealten Debatten, ob das Absingen eines solchen Textes heute noch zeitgemäß sei, folgt stets ein emotional aufgeladener Entrüstungssturm in den sozialen Medien und von Politiker*innen des rechten Parteispektrums, die sich bei diesen Gelegenheiten als Bewahrer*innen der Tradition darstellen. Viele Musikkapellen beschränken sich allerdings schon lange auf eine instrumentale Wiedergabe des Trios. Dessen ungeachtet ist das Mitsingen des Textes fixer Bestandteil der Bierzelt-, Aprés-Ski- und Fußballfankultur. Jüngste Instrumentalisierungen betreffen die Verwendung des Marsches bei Protesten von Corona-Maßnahmengegner*innen.
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