Keine klaren Symptome, keine Eindämmung
Aus dem Ausbruch einer Grippe wurde nicht deshalb eine Pandemie, weil es keine Ideen zu deren Bekämpfung gegeben hätte. Seuchen waren ein bekanntes Phänomen der Zeit, gegen die mit Isolierung und anderen Hygienemaßnahmen oft erfolgreich vorgegangen werden konnte. Das war bei der Influenza 1918 deshalb kaum möglich, weil das Virus unbekannt und seine Symptome zu unklar waren, wie diese Stellungnahme des leitenden Beamten aus dem zuständigen Ministerium zeigt. Die Anfang Oktober 1918 noch angedachte Pflicht für Ärzte, die Krankheit an die Behörde anzuzeigen, wurde daher bald für nicht sinnvoll erklärt – niemand konnte erkennen, ob ein/e PatientIn tatsächlich an der sogenannten „Spanischen Grippe“ erkrankt war.
„Leider habe die Anzeigepflicht bei der Spanischen Grippe schon deshalb keinen rechten Sinn, weil diese Krankheit nicht scharf umschrieben ist, weil wir den oder die Erreger der Seuche nicht kennen und weil bei dem massenhaften Auftreten der Seuche eine strenge Isolierung der Kranken undurchführbar erscheint. Es käme auch oft zu Fehlanzeigen, da fieberhafter Schnupfen, fieberhafter Bronchialkatarrh und andere Krankheiten mit ähnlichen Erscheinungen beginnen wie die spanische Grippe.“
Hier zur gesamten Ausgabe der Neuen Freien Presse, 18. Oktober 1918