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Foto: Heinrich Hoffmann, Bayerische Staatsbibliothek

NS-Propagandaschauen in der Neuen Burg

In den Jahren der nationalsozialistischen Diktatur diente die Neue Burg als Schauplatz mehrerer Propagandaaustellungen. Mit der Sonderschau Neuerwerbungen 1938–40 präsentierte das Kunsthistorische Museum im Endeffekt die Bilanz des Kunstraubs von Menschen, die als Jüdinnen und Juden verfolgt wurden. Gleichzeitig eröffnete das Museum in weiteren acht Sälen der Neuen Burg unter dem Titel Das Wiener Forum in Plänen und Modellen eine Ausstellung über die Geschichte der Wiener Hofburg. Die ehemalige Residenz spielte für das NS-Regime eine wichtige Rolle: Sie sollte es erlauben, eine nahtlose, gemeinsame deutsche Geschichte vom mittelalterlichen Deutschen Reich über die Habsburgerherrschaft bis in die Gegenwart zu erzählen. NS-Planungen wie die Errichtung einer monumentalen Gedenkstätte am Heldenplatz oder die Entwürfe zu einem Gauforum zwischen Michaelerplatz und Hofstallungen sollten das Regime in die Baugeschichte des jahrhundertealten Wohn- und Regierungskomplexes einschreiben.

 

Noch im gleichen Jahr, 1940, war am Heldenplatz die Freiluftausstellung Der Sieg im Westen zu sehen, die in Anwesenheit des zweithöchsten NS-Funktionärs, Hermann Göring, eröffnet wurde und neben deutschen Waffen unterschiedlichster Art auch erbeutete französische Waffen präsentierte. Die eigens für die Schau errichtete Ausstellungshalle gegenüber der Neuen Burg mit einem hoch aufragenden, von einem monumentalen Reichsadler bekrönten Mittelturm war weithin gut sichtbar.

 

Ende 1940 fand in den Räumen des Völkerkundemuseums (heute Weltmuseum) die als Wanderausstellung konzipierte NS-Propagandaschau Frau und Mutter – Lebensquell des Volkes statt. Der in mehreren Auflagen erschienene Katalog gibt Einblick in die Großausstellung, die sich von der „vor- und urgermanischen Zeit“ bis in die damalige Gegenwart erstreckte. Die Schau vermittelte das völkisch-rassistische NS-Rollenbild der Frau als Hausfrau und Mutter, die für den Fortbestand der „arischen Rasse“ zu sorgen hätte. Historische Familienporträts und Darstellungen bekannter Frauen der Geschichte wurden dazu ebenso instrumentalisiert wie Kunstgegenstände und Schriften aus verschiedenen Jahrhunderten. Wandsprüche mit Zitaten führender Nationalsozialist*innen sowie Werke nationalsozialistischer Künstler*innen vermittelten das widersprüchliche Frauenbild der NS-Herrschaft. Die politische Rolle der Frau war eingeschränkt auf die völkisch-rassistische Aufgabe der Mutterschaft und den zunehmenden Einsatz als „Arbeitskameradin“ in der Rüstungsindustrie.

 

Wenige Monate später, im März 1941, eröffnete in der Neuen Burg die Sonderausstellung Rüstungen und Waffen. Rückführungen aus dem Musée de l’Armée. Ihr Ziel war es, geraubte Kunstobjekte aus Frankreich als „Deutsches Eigentum“ zu präsentieren.


Nicht weit entfernt, in den ebenfalls zum ehemaligen Residenzareal gehörenden Hofstallungen (heute Museumsquartier), veranstaltete das nationalsozialistische Regime 1941–1942 eine Ausstellung zu einem ihrer zentralen Feindbilder mit dem Titel Das Sowjetparadies, die innerhalb weniger Wochen über 400.000 Besucher*innen anzog.

 

Die letzte NS-Propagandaschau am Hofburgareal war auch ihre größte: Im Auftrag des Oberkommandos der Wehrmacht wurde die Leistungsschau Unser Heer im Jahr 1944 organisiert. In 31 Sälen der Neuen Burg und am Heldenplatz wurde der soldatische Kampf in Gegenwart und Vergangenheit verherrlicht. Die in der Dollfuß-Schuschnigg-Diktatur hier aufgestellte Waffensammlung des Kunsthistorischen Museums wurde damit neu ideologisch aufgeladen, um angebliche deutsche Tapferkeit und Überlegenheit vor Augen zu führen. So sollte die Gesellschaft mit den Mitteln einer Ausstellung auf den „totalen Krieg“ eingeschworen werden. Dass die Schau genau zu einer Zeit stattfand, als die aussichtslose Lage des Kriegs längst bekannt war, ist daher kein Zufall.