1848: Der „Erste Wiener demokratische Frauenverein“
Gründung des ersten politischen Frauenvereins in Österreich
Die Pillersdorfsche Verfassung 1848 erlaubte es Staatsbürgerinnen und Staatsbürgern grundsätzlich, sich in Vereinen zu organisieren, allerdings durften Frauen in den vielen seit März 1848 gegründeten politischen Vereinen keine Mitglieder sein. Ihnen war es höchstens erlaubt, sich in karitativen Vereinen oder in Fahnenstickvereinen zu organisieren. Diese agierten zwar politisch, aber wurden nicht als politische Vereine verstanden. Auch das Wahlrecht besaßen Frauen nicht.
Als unmittelbare Reaktion auf die blutige Niederschlagung der ersten Frauendemonstration in Wien Ende August 1848 (der sog. „Praterschlacht" bei der 18 Menschen starben), welche abgehalten wurde, nachdem die kaiserliche Regierung Lohnkürzungen für Erdarbeiterinnen an öffentlichen Baustellen angekündigt hatte, versammelten sich am 28. August 1848 150 bis 400 vorwiegend bürgerliche Frauen zur Gründungsversammlung des Ersten Wiener demokratischen Frauenvereins. Auch zahlreiche Männer kamen zu dieser konstituierenden Sitzung. Ihnen wurde allerdings der Zutritt verwehrt. Schließlich stürmten diese Männer die erste Sitzung. Zu seinen in Statuten formulierten Zielen gehörten die politische Gleichberechtigung für Frauen, die Unterstützung der demokratisch-revolutionären Bewegung, der Zugang zu Bildung für sämtliche Frauen und Mädchen sowie die Unterstützung von Frauen aus den unteren Schichten. Präsidentin des Vereins war Karoline von Perin. Männer wurden zwar als Mitglieder anerkannt, durften aber lediglich eine unterstützende Funktion ausüben und bei Abstimmungen nicht mitwirken.
Der Verein formulierte während der Revolution 1848 politische Petitionen, hielt Demonstrationen ab, veranstaltete Diskussionsversammlungen und gab Flugblätter heraus. Die wohl wichtigste Aktion des Frauenvereins war die am 17. Oktober 1848 an den Reichstag vorgelegte und mit 1.000 Unterschriften versehene Petition zur Einberufung des Landsturmes, um ein militärisches Einschreiten gegen die Revolutionäre zu verhindern und die Reformen der Revolution zu verteidigen. Die Abgeordneten des Reichstages waren allerdings empört darüber, dass sich Frauen politisch positionierten und die Petition wurde ohne Debatte abgelehnt.
Mit der Niederlage der Revolution in Wien Ende Oktober 1848 war der Verein gezwungen, sein Wirken nach nur zwei Monaten einzustellen. Trotz dieses kurzen Bestehens gilt der Erste Wiener demokratische Frauenverein als erster Anstoß einer Frauenbewegung in Österreich.
Externe Ressourcen:
Statuten des Ersten Wiener demokratischen Frauen-Vereins: http://digital.onb.ac.at/OnbViewer/viewer.faces?doc=ABO_%2BZ171329301
Lydia Jammernegg, Wiener demokratischer Frauenverein: https://fraueninbewegung.onb.ac.at/node/421
Forschungsschwerpunkt Demokratie und Menschenrechte: https://fsp-democracy-humanrights.univie.ac.at/