August 1968, Australien/Prag
Fernsehsignale an die Welt
Die Hoffnungen waren über Nacht zunichte gemacht worden: Im August 1968 schlug der Kreml die Demokratisierungsbemühungen des „Prager Frühlings“ gewaltsam nieder. In dem Moment wurde Österreich zur Drehscheibe für Information an die ganze Welt. Der ORF unter Generalintendant Gerd Bacher verfügte über gute Verbindungen nach Prag – etwa durch den späteren Wiener Bürgermeister Helmut Zilk. Er hatte viel darüber berichtet, dass sich die tschechoslowakischen Regierung um eine Demokratisierung des Staates bemühte und einen „Sozialismus mit menschlichem Antlitz“ schaffen wollte.
Als die Lage im August eskalierte und Truppen der anderen Staaten des „Warschauer Paktes“ einmarschierten, lieferten JournalistInnen wie Hugo Portisch exklusive Berichte. Entscheidend war aber, dass der ORF die Aufnahmen der letzten noch unabhängigen tschechoslowakischen Fernsehstationen an der Grenze empfing und aufzeichnete. Der ORF gab diese teils unter Lebensgefahr entstandenen Bilder an Eurovision weiter, wodurch praktisch alle ausländischen Sender das Material verbreiten konnten. Darunter waren auch verzweifelte Aufrufe an die internationale Gemeinschaft, nicht bei der Unterdrückung eines unabhängigen Landes zuzusehen. Bis ins ferne Australien hatte der ORF über diese große Krise im „Kalten Krieg“ informiert, das Ansehen der Sowjetunion in der Welt hatte groben Schaden erlitten und Österreich wurde diplomatisch gerügt, weil es durch das engagierte Verhalten des ORF seine Neutralität verletzt hatte.