#nachgefragt bei Alexander Egit, Geschäftsführer von Greenpeace in Zentral- und Osteuropa
Wir haben #nachgefragt bei Alexander Egit, Geschäftsführer von Greenpeace in Zentral- und Osteuropa:
Wo liegt der Start einer Umweltschutzbewegung in Österreich?
Wie hat sich die Umweltschutzbewegung über die Jahre entwickelt?
Mit welchen Themen beschäftigt sich Greenpeace aktuell?
Seit genau 40 Jahren ist Greenpeace in Österreich bereits aktiv. Schon ab den 1970er Jahren schlossen sich immer mehr Umweltschützer*innen auch in Österreich zusammen, um auf die zunehmende Verschmutzung und Veränderung der Umwelt aufmerksam zu machen und diese zu bekämpfen. In den 1980er Jahren formierten sich viele bis heute einflussreiche Initiativen, darunter Greenpeace im Jahr 1983. Auch Alexander Egit, aktuell Geschäftsführer von Greenpeace in Zentral- und Osteuropa, engagiert sich seit den 1980er Jahren in umweltpolitischen Zusammenhängen. Am 16. Mai 2023 war er im Haus der Geschichte Österreich zu Gast und spricht in der Ausstellung Neue Zeiten: Österreich seit 1918 über sein langjähriges Engagement, seine Erfahrungen sowie über aktuelle Entwicklungen.
Alexander Egit ist Umweltaktivist und politischer Kampagner, der seit den 1980er Jahren an umweltpolitischen Themen arbeitet. Vor dem Beginn seines jahrzehntelangen Engagements bei Greenpeace in Österreich im Jahr 1996 war er Vorstandsmitglied und Sprecher von Global 2000, dem österreichischen Ableger von Friends of the Earth sowie Vizepräsident der ÖGUT (Österreichische Gesellschaft für Umwelt und Technik).
Was interessant ist, ist, dass wir ja mittlerweile nicht mehr unbedingt in einem Zeitalter sind, das in der Leugnung der Probleme besteht. Die allermeisten Gesellschaften haben ja im Prinzip das Thema bereits akzeptiert. Das Interessante ist aber, dass die Antwort der Wirtschaft, vor allem aber auch der Politik, primär im Greenwashing besteht.
Mein Name ist Alexander Egit, ich bin Geschäftsführer von Greenpeace Zentral- und Osteuropa.
Wo liegt der Start einer Umweltschutzbewegung in Österreich?
Also der Start einer ernstzunehmenden Umweltschutzbewegung in Österreich hat 1978 begonnen, mit dem Atomkraftwerk Zwentendorf und dem Widerstand dagegen. Das war eigentlich das erste Mal, wo wirklich Menschen in großer Zahl ein umweltrelevantes Thema zum Anlass genommen haben, sich zu organisieren. Da gab es sehr viel Protest vor Ort. Das ist gesellschaftlich sehr, sehr breit gewesen. In Schulen, in Universitäten – es war eine riesengroße Auseinandersetzung und, würde ich schon sagen, ist ein Stück weit die Geburtsstunde des Umweltschutzes in Österreich.
Dann hat es allerdings ein paar Jahre gedauert wieder, bis es zu einer tatsächlichen organisatorischen Formierung gekommen ist, nämlich 1984 in Hainburg. Da gab es ja Pläne von der damaligen DoKW, Donau Kraftwerksgesellschaft, eben ein Kraftwerk in Hainburg zu errichten. Und da war eben eine Form von Widerstand, die man bis dahin in Österreich nicht gekannt hat. In Österreich war das völlig unüblich, dass Menschen in großer Zahl auch tatsächlich Besetzungsaktionen gemacht haben. Und das war emotional und für die gesamte Umweltbewegung eigentlich der entscheidende Punkt, würde ich sagen, war dann auch ganz entscheidend für die Formierung einer ernstzunehmenden Grünen-Partei in Österreich. Das ist dann, wie die Geschichte dann gezeigt hat, auch erfolgreich gewesen. Und wir konnten ja gemeinsam – ich war ja auch selber dort – die Hainburger Au retten und es hat dann tatsächlich den sogenannten Weihnachtsfrieden gegeben und eine Nachdenkpause, die bis heute reicht. Also immerhin schon circa 40 Jahre.
Wie hat sich die Umweltschutzbewegung über die Jahre entwickelt?
Ich würde sagen, dass die Entwicklung der Umweltbewegung in Österreich einen sehr klassischen Verlauf genommen hat, so wie in vielen westeuropäischen Ländern. Also sehr stark ursprünglich über lokale Initiativen, Bürgerinitiativen, Widerstand gegen lokale Projekte. Dann über die Jahre nach Zwentendorf, Hainburg, die markante Ereignisse waren, hat sich das halt immer weiter professionalisiert. Es kam dann eben auch zur Herausbildung von Organisationen. Global 2000, Greenpeace sind gute Beispiele dafür, und das ist auch ganz interessant, weil erst rund um die Mitte der 1980er Jahre hat es überhaupt den Typus einer Umweltschutzorganisation gegeben. Vorher gab es das gar nicht.
Und die Lösungen damals waren klassische End-of-the-Pipe-Lösungen. Also ganz klassisch: Man baut einen Filter ein, oder man baut irgendeine Abwasserreinigung ein.
Und erst später, muss man sagen, so im Zuge auch des Berichts vom Club of Rome mit den Grenzen des Wachstums sind grundsätzlichere Fragen gestellt worden. Plötzlich ging es nicht nur um das lokale Problem, sondern plötzlich ging es um den Planeten. Es ist dann auch ein Thema ins Spiel gekommen, das gar keine besondere Bedeutung hatte am Anfang nämlich das Klimathema. Also man hat in den 1980er und 1990er Jahren vom Klimathema im Grunde gar nicht viel gewusst. Und das ist aber mehr und mehr praktisch auch ins öffentliche Bewusstsein gerutscht. Die Arbeit aber zum Klimathema war einigermaßen erfolglos in den ersten Jahren, weil eben das breite gesellschaftliche Bewusstsein einfach nicht da war.
Und dann, wenn ich schon einen großen Sprung mache in die…so vier Jahre zurückgerechnet circa, hat es 2019 dann eben die Entwicklung gegeben von Greta Thunberg mit Fridays for Future, wo dann plötzlich das Klimathema tatsächlich zu einer Massenbewegung praktisch geworden ist, vor allem von jungen Menschen. Und da muss man dann sagen, da war natürlich dann die Kombination zwischen so einer wirklichen Jugend-Massenbewegung und etablierten Organisationen und natürlich einer bereits existierenden Klimawissenschaft halt total entscheidend dafür, dass das Klimathema eigentlich in der Gesellschaft angekommen ist und auch nicht mehr verdrängbar war.
Mit welchen Themen beschäftigt sich Greenpeace aktuell?
Also die großen Themen, mit denen wir jetzt zu tun haben, sind eben einerseits das Klimathema, andererseits aber das Thema Natur, Biodiversität, Artenschutz, Artenvielfalt. Das, was sehr interessant ist, ist, dass wir ja mittlerweile nicht mehr unbedingt in einem Zeitalter sind, das in der Leugnung der Probleme besteht. Die allermeisten Gesellschaften haben ja im Prinzip das Thema bereits akzeptiert. Das Interessante ist aber, dass die Antwort der Wirtschaft vor allem aber auch der Politik, primär in Greenwashing besteht.
Das heißt, es ist nicht so, dass man die richtigen Lösungen macht, sondern man macht die Lösungen, mit denen man im Grunde am billigsten davonkommt, also die Lösungen in einer kapitalistischen Welt und einer kapitalistischen Logik, die sozusagen am Markt, wenn man so will, sich bewähren. Und was bewährt sich am Markt? Das Billigste – ist ganz klar. Man nimmt dabei aber auch in Kauf, dass man eben die falschen Lösungen macht. Das wäre an und für sich noch kein riesengroßes Problem, wenn man noch beliebig Zeit hätte und wenn die Ressourcen nicht limitiert wären. Das ist aber nicht so, wir haben ja ein eskalierendes Artensterben einerseits und andererseits eine eskalierende Klimakrise. Und deswegen ist für Greenpeace zum Beispiel der Kampf gegen das Greenwashing ein absolutes zentrales Thema, weil wir sonst den Kampf um die Arten und den Kampf ums Klima einfach verlieren würden.