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#nachgefragt bei simon INOU, Journalist, und Walter Sauer, Historiker und Afrikaaktivist

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Wir haben #nachgefragt bei simon INOU und Walter Sauer:

 

Wie kam es zu Ihrem Forschungsprojekt?

Wie lebten Schwarze Menschen unter dem NS-Regime?

Wer waren die Schwarzen Menschen in KZ Mauthausen?

Wieso gibt es wenig Forschung zu Schwarzen Häftlingen im KZ Mauthausen?

Woran erinnert eine Gesellschaft?

Wie schafft man Bewusstsein für Schwarze Österreichische Geschichte?

 

Die Situation Schwarzer Häftlinge im Konzentrationslager Mauthausen blieb lange Zeit unerforscht: Dies änderten mehrere Forscher*innen im Rahmen zweier Studien, die in den letzten Jahren erschienen sind. Walter Sauer und simon INOU waren während des Black History Month 2023 im hdgö zu Gast – sie berichteten zu diesen und weiteren Forschungen zur Geschichte Schwarzer Menschen in Österreich und setzten diese in Beziehung zur Ausstellung Ende der Zeitzeugenschaft?

 

simon INOU studierte in Duala (Kamerun) Soziologie und in Wien Publizistik. Von 1992 bis 1995 war er Mitbegründer und Redakteur von „Le Messager des Jeunes“, der ersten Jugendzeitung Kameruns. Er flüchtete aus politisch-journalistischen Gründen nach Österreich, wo ihm Asyl gewährt wurde. INOU war Chefredakteur von Radio Afrika International in Wien (1998-2005), Mitbegründer und Chefredakteur von Afrikanet.info (2003 bis heute). Er war Koordinator diverser (Medien-)Projekte (u.a. für die „Wiener Zeitung“ und „Die Presse“), organisierte die „Medien.Messe.Migration“ (2008-2015) und gründete 2007 den Verein zur Förderung interkultureller Medienarbeit M-MEDIA. Mitarbeit an Projekten wie „Diskriminierungsfreie Schulbücher für Österreich“ und „AfrikanerInnen im KZ Mauthausen“. Zurzeit beschäftigt er sich im Rahmen des Projekts „3RRR - RESTITUTION, REHABILITATION and RECONCILIATION“ mit den Fragen der Restitution Afrikanischer Kulturgüter. Er ist bei Radio ORANGE 94.0 Leiter Abteilung Public Affairs. Diverse Auszeichnungen, u.a. 2008 mit dem Bundes-Ehrenzeichen. 

 

Walter Sauer ist Historiker am Institut für Wirtschafts- und Sozialgeschichte der Universität Wien mit Schwerpunkt Geschichte Afrikas, Habsburgermonarchie und Kolonialismus sowie Afrikabeziehungen Österreichs. 2022/23 Mitglied des Expertengremiums betr. einen zeitgemäßen Umgang mit musealen Objekten aus kolonialem Erwerbskontext. Letzte Buchveröffentlichung: 

Jenseits von Soliman. Afrikanische Migration und Communitybuilding in Österreich – eine Geschichte. Mit einem Beitrag von Vanessa Spanbauer (Wien - Innsbruck 2022). 

Die Veranstaltung in Bildern (6)
Interview Transkript

[Walter Sauer] In Österreich gibt es besonders wenig Bewusstsein für Schwarze Geschichte oder vor allem auch im Kontext des Nationalsozialismus, weil ja Afrika generell im Diskurs marginalisiert wurde und immer noch wird. Also Afrika gilt als Krisenkontinent. Da ist alles schlecht: Kriege, Krankheiten, Wirtschaftskrise. Damit will man sich eigentlich nicht beschäftigen. Man will sich nicht identifizieren.

 

[simon INOU] So lange wir uns nicht zwingen, unsere Geschichte zu erzählen, unsere eigene Geschichte zu erzählen und zu forschen, werden wir noch immer die selben Fehler machen.

 

[Walter Sauer] Mein Name ist Walter Sauer. Ich bin Wirtschafts- und Sozialhistoriker an der Uni Wien. Mein Schwerpunktgebiet ist Geschichte Afrikas und Geschichte der Beziehungen zwischen Österreich und Afrika.

 

[simon INOU] Ich heiße simon INOU. Ich bin Journalist und Herausgeber von Fresh Magazine. Genauso wie Herausgeber von der Website blackaustria.info.

 

Wie kam es zu Ihrem Forschungsprojekt?

[simon INOU] Zu diesem Forschungsprojekt kam es 2011 bei der Präsentation des Jahresberichtes „Schwarze Menschen in Österreich“, wo wir im Parlament Dr. Sauer eingeladen haben auch einen historischen Überblick über die Präsenz Schwarzer Menschen in Österreich zu schreiben. Bei der Pressekonferenz war es ganz klar, dass es in Österreich eine Lücke gegeben hat und über diese Lücke hat Walter Sauer dann bei der Pressekonferenz geredet und wir haben danach dann begonnen langsam, langsam darüber zu forschen.

 

Wie lebten Schwarze Menschen unter dem NS-Regime?

[Walter Sauer] Die Situation im Konzentrationslager Mauthausen war ganz anders als der Alltag für Schwarze Menschen, die im restlichen Österreich gelebt haben. Außerhalb des Konzentrationslagers gab es sehr wenige Schwarze Menschen in Österreich. Deren Situation war extrem schlecht, weil die Nürnberger Gesetze und andere rassistische Gesetze ja auf Österreich übertragen worden waren. Das hat bedeutet, Schwarze Menschen erstens durften nicht heiraten, sie haben ihre Jobs verloren beziehungsweise – weil viele davon waren Kinder – wurden aus den Schulen geworfen. Sie durften zu keiner öffentlichen Veranstaltung oder Kino oder Musikaufführung. Sie waren eigentlich total isoliert. Die nationalsozialistische Verwaltung hatte diese Urangst vor Nachkommenschaft. Dass also Menschen, die als „Nicht-Arier“ bezeichnet wurden, Nachkommen zeugen würden. Daher sind teilweise die Kinder, soweit wir wissen, sterilisiert worden. Also die Situation auch außerhalb des Konzentrationslagers war sehr bedrückend und sehr, sehr schwierig für die Betroffenen.

 

Wer waren die Schwarzen Menschen im KZ Mauthausen?

[Walter Sauer] Im Konzentrationslager war es so, dass Menschen vorwiegend aus politischen Gründen inhaftiert wurden und eingeliefert wurden. Sehr viele davon aus den besetzten Gebieten, also vor allem Frankreich, aber auch Niederlande, Belgien und sehr viele Spanienkämpfer, die gegen den Faschismus in Spanien gekämpft haben. Österreicher selber waren laut unserer Forschung nicht in Mauthausen. 

 

Wieso gibt es wenig Forschung zu Schwarzen Häftlingen im KZ Mauthausen?

In Österreich gibt es besonders wenig Bewusstsein für Schwarze Geschichte oder vor allem auch im Kontext des Nationalsozialismus. Ich glaube erstens, weil Österreich immer diese Lebenslüge mit sich schleppt, Österreich wäre nicht kolonial eingebunden gewesen. Das stimmt in dieser vereinfachten Form ja nicht. Aber deswegen will man auch nicht über die Präsenz Schwarzer Menschen oder über Afrikabeziehungen sich besonders unterhalten. Und speziell was 1938 bis 1945 betrifft: Der Nationalsozialismus ist ja lange Zeit nicht aufgearbeitet worden. Man hat das unter den Teppich gekehrt und erst sehr spät eigentlich begonnen mit einer Vergangenheitsbewältigung. Und speziell jetzt über Schwarze Menschen oder über Menschen aus Afrika nachzudenken, war überhaupt kein Thema, weil ja Afrika generell im Diskurs marginalisiert wurde und immer noch wird. Also Afrika gilt als Krisenkontinent. Da ist alles schlecht: Kriege, Krankheiten, Wirtschaftskrise. Damit will man sich eigentlich nicht beschäftigen. Man will sich nicht identifizieren. Und das trifft dann unter vielen anderen Themen eben auch das Thema der afrikanischen Häftlinge im KZ Mauthausen. Also es gibt hier eigentlich einen doppelten Verdrängungsprozess.

 

Woran erinnert eine Gesellschaft?

[simon INOU] Es hängt immer von Kontexten ab. Wenn ich es zum Beispiel aus der Kolonialperspektive betrachte: Ich komme aus Kamerun. In Kamerun selber erinnern wir uns viel mehr an was die Franzosen für Kamerun gemacht haben. Unsere Geschichtsbücher zum Beispiel werden nicht von uns selber geschrieben sondern die wurden von Franzosen geschrieben. Aber zum Beispiel Französisch-Schulbücher werden von uns geschrieben oder auch Mathematik- und so weiter. Das heißt, es herrscht noch in sehr vielen afrikanischen Ländern, auch in Bezug auf diese Geschichte mit Mauthausen, eine sehr kolonialistische Perspektive und daher glaube ich, dass so lange wir uns nicht zwingen, unsere Geschichte zu erzählen, unsere eigene Geschichte zu erzählen und zu forschen, werden wir noch immer die selben Fehler machen. Und aus der österreichischen Perspektive haben wir das Problem, dass in Österreich die Geschichte von Schwarzen oder von Nicht-Weißen Österreicherinnen und Österreichern noch nicht so Teil dieser Gesellschaft ist. Und diese Gesellschaft fokussiert weniger auf diese Menschen, auch aufgrund der Tatsache, dass sie glauben, sie haben hier nichts verloren und das ist sehr, sehr schade, weil wir sind Teil dieses Landes. Und ich glaube, dass es nicht zu spät ist. Wir fangen jetzt an. Wir fangen im Haus der Geschichte an, eine neue Geschichte zu schreiben.

 

Wie schafft man Bewusstsein für Schwarze Österreichische Geschichte?

[Walter Sauer] Meiner Meinung nach darf die Forschung nicht nur für sich stehen. Also Forschungsergebnisse müssen in die Schulbücher, in den Schulunterricht, in die Medien. Das soll kein Randthema sein, wo man sagt: Es gibt Spezialisten, die beschäftigen sich mit Schwarzen Menschen oder mit afrikanischen Bezügen zu Österreich. Sondern genauso wie wir jeden Tag im Radio oder im Fernsehen irgendetwas von den Vereinigten Staaten hören, müssten wir eigentlich irgendetwas von einem afrikanischen Staat hören. Also ich glaube Schule und Medien sind Bereiche wo gestartet werden muss.

 

[simon INOU] Es nützt nichts mehr, sich zu beschweren oder zu weinen und so weiter, wir hätten nichts gemacht… Es gibt sehr, sehr viele Menschen, die sich jetzt im Jahre 2023 mit solchen Geschichten auseinandersetzen. Es gibt so viele Initiativen, die genau das, die Themen aufgenommen haben. Und ich glaube, wir haben eine Vergangenheit, aber jetzt und hier sind wir anwesend und wir wollen hier beginnen. Das heißt in 50 Jahren werden wir nicht mehr hier sitzen und sagen, niemand hat was gemacht, sondern: Mehrere Initiativen sind entstanden und wir sind so weit gegangen mit so vielen Personen, Institutionen, die sich für diese Geschichte interessiert haben.

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