Leitbild
Haus der Geschichte Österreich
Erarbeitet in einem partizipativen Prozess (2021/22) vom hdgö-Team mit Beiträgen des wissenschaftlichen Beirats. Aktualisierung bei Bedarf.
Stand: Juni 2024
Das Haus der Geschichte Österreich (hdgö) unter dem Dach der Österreichischen Nationalbibliothek ist das erste Zeitgeschichte-Museum des Bundes. Durch die Auseinander-setzung mit historischen Entwicklungen in ihrem europäischen und globalen Kontext macht es ausgehend von Fragen der Gegenwart die jüngere Geschichte Österreichs greifbar.
Im Bundesmuseengesetz als „Diskussionsforum“ definiert, ist das hdgö ein Ort der Vermittlung und Verhandlung österreichischer Geschichte und Geschichtsschreibung. Es schafft durch Ausstellungen, Vermittlungsformate, seine Sammlung, Veranstaltungen, Publikationen und andere Aktivitäten Räume für einen aktiven Austausch mit den Besucher*innen und Anspruchsgruppen. Das Museum ist Ort historisch-politischer Bildung, Diskussion und Dokumentation sowie Informationsquelle zugleich. Das hdgö folgt der Museumsdefinition von ICOM und versteht sich als Teil der internationalen Museumslandschaft.
Inhaltliche Schwerpunkte
Gemäß seinem gesetzlichen Auftrag sind die Aktivitäten des hdgö in Sammlung, Ausstellungen und Vermittlung der Geschichte Österreichs seit der Mitte des 19. Jahrhunderts gewidmet. Das Museum erarbeitet immer neue Fragestellungen besonders aus den folgenden thematischen Perspektiven:
Entwicklung von Demokratie, Zivilgesellschaft und Diktaturen sowie die Mitverantwortung an den Verbrechen des Nationalsozialismus
Konstruktion von Österreichbewusstsein: Entstehung und Veränderung der oft widersprüchlichen Vorstellungen dessen, was Österreich und Österreicher*innen ausmacht
Grund- und Menschenrechte: Engagement gegen Marginalisierung und Diskriminierung von Personen und Bevölkerungsgruppen
Prinzipien und Haltungen
Das hdgö handelt an Gegenwart und Zukunft orientiert.
Das hdgö bietet Raum, um sich mit Ereignissen und Entwicklungen aus der Vergangenheit auseinanderzusetzen – und um diese mit Gegenwart und Zukunft in Verbindung zu bringen. Das Schärfen des individuellen Geschichtsbewusstseins wird als wesentlicher Baustein für ein gutes Miteinander im Heute und Morgen verstanden.
In seinen Programmen stellt das Museum Verbindungen zu aktuellen Lebenswelten her. Das hdgö ist an gesellschaftlichen Veränderungsprozessen sowie an aktuellen Fragestellungen interessiert und an neuesten Forschungserkenntnissen orientiert. Als Wissensspeicher dokumentiert und bewahrt das Museum Geschichten und Objekte für zukünftige Generationen. Das hdgö ist dem nachhaltigen, ökologischen Handeln und einem sorgsamen Umgang mit Ressourcen in all seinen Arbeitsbereichen verpflichtet.
Das hdgö ist vielstimmig.
Das hdgö entwickelt ein vielfältiges, gesellschaftsorientiertes Programm, in dem unterschiedliche, teils kontroverse, Perspektiven und Stimmen Platz finden. Sowohl bekannte als auch unbekannte Ereignisse und Entwicklungen aus der Vergangenheit werden in den Programmen des hdgö vorgestellt und diskutiert. Das Museum möchte marginalisierten und bislang häufig unterrepräsentierten Stimmen Gehör verschaffen und legt daher besonderen Wert auf den Einsatz gerechter, verständlicher und präziser Sprache.
Das Wissen des Publikums findet Eingang ins Museum: im Rahmen von diskursiven Vermittlungsprogrammen, in teilhabeorientierten digitalen und analogen Ausstellungen sowie in der Arbeit an der ständig wachsenden Sammlung. Die Vielstimmigkeit spiegelt sich nicht zuletzt in der internen abteilungsübergreifenden Zusammenarbeit, bei der verschiedene Wissensformen Platz finden und in Programme und Ausstellungen eingehen.
Das hdgö versteht sich als Diskussionsforum.
Das hdgö stellt Fragen und lädt ein, diese gemeinsam zu verhandeln. Es bietet eine Plattform für offenen und multidirektionalen Austausch zu historischen Zusammenhängen und gegenwärtigen Entwicklungen. Der niederschwellige Zugang zu Informationen, kombiniert mit aktiver Vermittlungsarbeit, zielt auf die Erweiterung von Kritikfähigkeit und Handlungsspielräumen der Besucher*innen ab.
Das hdgö ist an der Öffentlichkeit orientiert.
Als Serviceeinrichtung für die Gesellschaft steht die Öffentlichkeit im Zentrum aller Überlegungen des hdgö. Das Museum will seine Angebote so zugänglich und barrierefrei wie möglich gestalten und ein Ort sein, an dem sich die Besucher*innen willkommen fühlen. Dabei lädt das hdgö ein, am Museum zu partizipieren und eigene Blickwinkel beizutragen.
Das hdgö ist (selbst)kritisch und reflektiert.
Geschichte wird gemacht: Was in der Gegenwart über die Vergangenheit erzählt wird, hängt von der jeweiligen Position und Fragestellung ab. Das hdgö reflektiert seine eigene Rolle und Position, legt diese offen und lässt Widersprüche zu. Das Museum pflegt einen reflektierten Umgang damit, wie sich Geschichte in Sprache, Objekten bzw. Bildern ausdrückt. Es agiert wissenschaftlich unabhängig und analytisch.
Das hdgö ist Teamarbeit.
Das hdgö lebt eine achtsame Organisationsstruktur mit einer respektvollen, wertschätzenden und kooperativen Haltung.
Anspruchsgruppen des hdgö
Das hdgö ist für eine breite Öffentlichkeit da. Die Programme richten sich an Kinder, Jugendliche und Erwachsene jeden Alters – sowohl an Menschen, die in Österreich leben, als auch an ein internationales Publikum. Dem hdgö ist es ein Anliegen, möglichst unterschiedliche Menschen im Museum willkommen zu heißen und es geht daher auch aktiv auf verschiedene Gruppen zu. Im Web macht das hdgö umfangreiche Ressourcen zur österreichischen Geschichte verfügbar, nicht zuletzt, um damit auch Personen Angebote zu machen, die nicht ins Museum kommen wollen oder können.
Das hdgö ist vielen Anspruchsgruppen verpflichtet. Neben der breiten Öffentlichkeit gibt es eine Reihe von Gruppen, Institutionen und Netzwerken, für die das hdgö immer neue, spezielle Angebote entwickelt. Dazu zählen alle Arten von Bildungs- und Forschungseinrichtungen, fachliche Netzwerke (regional, national und international), zahlreiche Kooperationspartner*innen (Vereine, Initiativen, Organisationen), wie auch die mediale Öffentlichkeit.
Formate und Ziele
Ausstellungen
Das hdgö entwickelt, präsentiert und betreut Ausstellungen im physischen und digitalen Raum. Für deren Konzeption stellt die kritische Reflexion und die ständige Weiterentwicklung von Formen des Ausstellens eine zentrale Grundlage dar. Diese schlägt sich in spezifischen Standards des Hauses nieder, etwa in Bezug auf Materialität, Texte und Inszenierung. Hohen Stellenwert haben in den Ausstellungen des hdgö ein multiperspektivisches, nicht-lineares Erzählen, der Fokus auf Handlungsmöglichkeiten von Individuen und Kollektiven sowie Objekte, die den Prozesscharakter von Geschichte zum Ausdruck bringen (z.B. Manuskripte). Das hdgö begreift seine Ausstellungen als Prozesse, die durch das Zusammenwirken von Objekten, Vermittlung, Gestaltung und Öffentlichkeit entstehen.
Vermittlungsarbeit
Eine offene, diskussionsorientierte, auf Grundlage von Forschungsergebnissen entwickelte und ausgeglichene Vermittlungsarbeit trägt zur Schärfung des Geschichtsbewusstseins bei. Die Fragen in der Vermittlungsarbeit sind dabei stets an der Gegenwart orientiert. In diesem Sinn positioniert sich das hdgö in gesellschaftlichen Debatten durch seine Arbeit, mit Statements zu aktuellen Fragen der Zeitgeschichte, der Erinnerungskultur und der historischen Entwicklung politischer Kultur. Bei Vermittlungsformaten vor Ort oder digital wird ein hoher Wert darauf gelegt, die Inhalte und Fragestellungen zugänglich und inklusiv zu machen.
Sammlungsarbeit
Die Sammlung des hdgö erwirbt, dokumentiert und erhält Objekte als Zeugnisse politischer wie gesellschaftlich-kultureller Prozesse und Ereignisse in Hinblick auf ihre historische und aktuelle Relevanz sowie in Reflexion möglicher zukünftiger Nutzungen. Strukturiert wird das Sammeln durch Annahme, den Dialog mit Schenker*innen, Dokumentation, Forschung, Präsentation und Konservierung. Die Sammlung wird im Interesse und Auftrag der Öffentlichkeit und für sie betrieben: Transparenz, Zugänglichkeit und Gegenwartsorientierung sind daher zentrale Prinzipien für die Sammlung als Prozess. Die Methode des Rapid Response Collecting und die Dokumentation von unterschiedlichen Narrativen zu Objekten sind zentrale Mittel, um Multiperspektivität zu erreichen (»» mehr dazu im Sammlungskonzept).
Mediale Schnittstellen
Das hdgö zeichnet sich durch eine Bandbreite an Formaten aus, die Grenzen zwischen personeller und medialer, materieller und virtueller, analoger und digitaler Auseinandersetzung / Vermittlung überschreiten. Dadurch ist das Museum möglichst zugänglich und viele Angebote sind dynamisch, flexibel und prozesshaft. Inhalte von materiellen bzw. digitalen Ausstellungen und Vermittlungsaktivitäten werden gemeinsam entwickelt und jeweils gemäß dem entsprechenden Format umgesetzt.