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1.5.1934: Zukunft in der Vergangenheit
Mit einer neuen Verfassung wurde Österreich am 1. Mai 1934 offiziell zur Diktatur. Bundeskanzler Dollfuß hielt dazu diese Ansprache im Radio, davor hatte er zu einer großen Menschenmasse im Stadion gesprochen. Das sollte den Eindruck erwecken, die Bevölkerung stehe hinter der Diktatur und ihrem Plan, Staat und Gesellschaft ganz neu zu ordnen. Für das österreichische Radio dieser Zeit war es eine ungewöhnlich emotionale Rede, die sich Ansprachen im faschistischen Italien und Deutschland zum Vorbild nahm.
Dollfuß skizziert eine Zukunft, die sich an der Vergangenheit orientiert. Nicht nur die 15 Jahre demokratischer Republik (seit 1918) möchte Dollfuß ungeschehen machen, sondern das Rad der Zeit zurückdrehen bis hinter die Aufklärung vor damals rund 150 Jahren. Errungenschaften wie Wissenschaft, Gleichheit und Demokratie lehnt er ab als „geistigen und politischen Irrgang“. Im Vergleich zu anderen europäischen Diktaturen dieser Zeit fällt auf, dass Dollfuß keine Erweiterung des Staatsgebietes fordert.
Bundeskanzler Engelbert Dollfuß mit einer Radio-Ansprache zur Bekanntgabe der diktatorischen Verfassung, Radio Wien (RAVAG), 2:00 min., 1.5.1934, Österreichischer Rundfunk ORF / Haus der Geschichte Österreich
Der 1. Mai 1934: Der heutige Festtag wird ein Gedenktag der österreichischen Geschichte für alle Zeiten bleiben. Er ist, –– Er wird der Welt, aber auch allen unseren Nachkommen einmal aufzeigen, wie eine Generation des österreichischen Volkes unter den schwierigsten Verhältnissen in einer Zeit unsagbarer seelischer, politischer und wirtschaftlicher Not daranging, die Fehler nicht nur von 15 Jahren, sondern von 150 Jahren geistigen und politischen Irrgangs gutzumachen und auf neuen Wegen der kleinen, aber freien und unabhängigen Heimat ein neues Haus zu bauen.
Der Grundstein ist gelegt. Lasst uns alle einträchtig zusammenhalten in der Liebe zu unserem kleinem [sic], aber so schönem [sic] Vaterland, in der heißen Treue zu unserem deutschen Volk in Österreich, und lasset all unser ehrliches Wollen ausklingen in dem innigen Lied und Gebet ‚Sei gesegnet ohne Ende, Heimaterde. Gott mit dir, mein Österreich!‘.“
[Hymne mit dem Text des rechtsextremen Dichters Ottokar Kernstock zur Melodie „Gott erhalte“ von Joseph Haydn]
„Sei gesegnet ohne Ende, Heimaterde wunderhold!